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Helmut Maletzke Helmut Maletzke: 90 und kein bisschen arbeitsmüde

Von Ralph Sommer 06.10.2010, 10:03
Der Maler, Grafiker und Schriftsteller Helmut Maletzke arbeitet am in Greifswald an seinem Oelgemaelde " Am Wasser". Mit drei Ausstellungen ehrt die Hansestadt Greifswald Maletzke. (FOTO: DAPD)
Der Maler, Grafiker und Schriftsteller Helmut Maletzke arbeitet am in Greifswald an seinem Oelgemaelde " Am Wasser". Mit drei Ausstellungen ehrt die Hansestadt Greifswald Maletzke. (FOTO: DAPD) dapd

GREIFSWALD/DAPD. - Durch vier Epochen gemalt - Helmut Maletzke steht an seiner Werkbank mitHunderten Farbtuben. Das große Ölbild vor ihm zeigt badende Kinderan einem alten Schiffssteg. Maletzke hatte es 1975 gemalt, als esihm nicht so gut ging wie heute, wie er sagt. "Jetzt kommt mir dasBild zu unfreundlich vor", findet er und greift zu grelleren Farben.Maletzke wird am Freitag, 8. Oktober, 90 Jahre alt. Und noch immerschwingt er jeden Nachmittag an der Staffelei in der GreifswalderVorstadt den Pinsel.

Vier wichtige Epochen hätten sein Schaffen bestimmt, sagt derJubilar. Aufgewachsen in den sogenannten Goldenen Zwanzigern, indenen Künstler wie Otto Dix oder Pablo Picasso eine neueSachlichkeit in die Malerei brachten, begeisterte sich der inNeustettin (Szczecinek) geborene und später in Berlin lebendeMaletzke schon frühzeitig für die Kunst. Als Soldat erlebte er denZweiten Weltkrieg fünf Jahre an der russischen Front, wurde mehrmalsverwundet, geriet in sowjetische Gefangenschaft, floh und kamschließlich nach Greifswald.

Zwtl: Es begann mit Werbeplakaten

Nach einem verkürzten Jurastudium gründete er zusammen mit seinerFrau Ursula eine Grafikwerkstatt. "Damals war höhere Kunst nichtgefragt, also verdienten wir uns zunächst mit Werbearbeiten wiePlakaten und Kinoreklame unsere Brötchen", erinnert sich Maletzke,der einen Kurs am Institut für Kunsterziehung belegte. Später habeer als wissenschaftlicher Zeichner an der Universitätsklinik neueOperationsmethoden für Fachzeitschriften zeichnerisch festgehalten.Damals habe er Freundschaft mit dem ehemaligen GreifswalderStadtkommandanten Rudolf Petershagen geschlossen und den UsedomerMaler Otto Niemeyer-Holstein kennengelernt.

Die junge DDR erschien Maletzke damals nicht nur als dasgerechtere Gesellschaftsmodell, sie versorgte den jungen Künstlerauch bald mit attraktiven und einträglichen baugebundenen Aufträgen.Maletzke verschönte Häuserfassaden in neu entstehenden Wohngebieten,malte Wandbilder in Schulen und gestaltete Mannschaftsmessen inSchiffen, die auf der Mathias-Thesen-Werft Wismar für dieSowjetunion gebaut wurden. Doch der Erfolg habe auch Neider auf denPlan gerufen, sagt Maletzke. "Als ich mich dem Wunsch einerParteikommission verweigerte, einen Hausgiebel mit einer riesigenkommunistischen Faust zu versehen, war es vorbei mit der Kunst fürden öffentlichen Raum. Zwischenzeitlich warf man ihn aus demBerufsverband.

Zwtl: Zeitkritische Ölbilder weckten internationales Interesse

Frustriert widmete sich der Maler fortan Ölbildern. Doch dieStillleben, Landschaftsmotive und vor allem die zeitkritischenSatirebilder durften seinerzeit allenfalls in kirchlichen Räumenausgestellt werden. Erst nach der Wende, Maletzkes "vierter Epoche",fanden seine Zeit- und Sinnbilder internationales Interesse. Esfolgten Ausstellungen in den alten Bundesländern und in den USA.Maletzke reaktivierte den Pommerschen Künstlerbund, organisierteAusstellungen im "Pommernhus" und gründete mit polnischen Kollegenden Künstlerbund "Ars Pomerania".

Zwtl: Kritik am Greifswalder Friedrich-Denkmal zurückgewiesen

Mehr als 800 Ölbilder sowie Tausende Zeichnungen und Studienumfasst das Gesamtwerk des rüstigen 90-Jährigen, der auchGedichtbände und Erzählungen schrieb und noch vor einem Jahr aufeinem Baugerüst an einem großformatigen Wandbild in der GreifswalderInnenstadt mitarbeitete. Mit Hilfe der von ihm gegründetenMaletzke-Stiftung gelang die Aufstellung einesCaspar-David-Friedrich-Denkmals des Lübecker Bildhauers Claus Görtzin der Nähe von Friedrichs Geburtshaus. Kritiken an der lebensgroßenStatue konterte Maletzke mit der Bemerkung, dass auch der großeFriedrich zu Lebzeiten Probleme mit den "Herren Ästhetikern undKunstrichtern" gehabt habe.

Greifswald ehrt den Jubilar mit mehreren Ausstellungen in derMarienkirche, im "Pommernhus" sowie im Rathaus. Auch in St.Petersburg, Stockholm, Minsk, Stralsund, Heringsdorf und Penkun sindderzeit seine Werke zu sehen. Zur Ruhe setzen will sich Maletzke,der noch einige Porträts und eine malerische Auseinandersetzung mitdem neuen Rechtsextremismus plant, vorerst nicht: "Ich sehe es alseine Art Altersverpflichtung, anzuprangern, wenn heute die gleichenFehler gemacht werden wie vor dem Krieg."

Der Maler, Grafiker und Schriftsteller Helmut Maletzke posiert in Greifswald neben dem Caspar-David-Friedrich-Denkmal des Bildhauers Claus Goertz. (FOTO: DAPD)
Der Maler, Grafiker und Schriftsteller Helmut Maletzke posiert in Greifswald neben dem Caspar-David-Friedrich-Denkmal des Bildhauers Claus Goertz. (FOTO: DAPD)
dapd