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Hartmut Engler im Interview Hartmut Engler im Interview: Pur-Sänger spricht über den Höhenflug im Gegenwind

Von Kornelia Noack 28.04.2018, 10:48
Hartmut Engler ist das Gesicht der Gruppe Pur. Im Dezember werden die Musiker ihre neuen Lieder auch in der Arena Leipzig live vorstellen.
Hartmut Engler ist das Gesicht der Gruppe Pur. Im Dezember werden die Musiker ihre neuen Lieder auch in der Arena Leipzig live vorstellen. dpa

Leipzig - Sie haben „Lena“ besungen und ihre Zuhörer zu einem Ausflug ins „Abenteuerland“ eingeladen: Die Hits der Gruppe Pur dürfte wohl jeder im Ohr haben, ob er will oder nicht.

Sänger und Songschreiber Hartmut Engler (56) hat die frühere Schülerband zu einer der erfolgreichsten Gruppen in Deutschland geführt. Tausende strömen in die Arenen, wenn Pur live auf der Bühne steht.

Mehrere Generationen feiern dann gemeinsam. Derzeit arbeiten die Musiker an einem neuen Album und einer Tour, die Pur auch nach Leipzig führen wird. Kornelia Noack hat mit Hartmut Engler gesprochen.

Mitteldeutsche Zeitung: Herr Engler, gerade ist die neue Staffel von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ gestartet. Sie haben vor zwei Jahren an der Show, in der Interpreten Lieder von anderen Künstlern singen, teilgenommen. Danach hatte man das Gefühl, dass Pur positiver wahrgenommen wurde. Was haben Sie persönlich für Reaktionen erhalten?

Hartmut Engler: Tatsächlich sind viele Menschen auf mich zugekommen, die sich vorher gar nicht für uns interessiert haben oder auch einfach ein Klischee vor Augen hatten. Die kannten Lieder wie „Lena“, „Funkelperlenaugen“ oder „Hör gut zu“ und hielten uns für eine Gute-Laune-Band, von der ab und zu mal was im Radio läuft. Über die Show haben wir klarmachen können, dass da doch mehr Substanz dahintersteckt, bezüglich der Geschichte von Pur und auch der Unterschiedlichkeit der Musikstile, die sich bei uns zusammenfinden. In den Jahren davor ist es bei Fernsehauftritten hauptsächlich darum gegangen, die eigene Musik anzupreisen. Aber längere Zeit als Mensch zu agieren, der nichts verkaufen muss, sondern einfach Spaß hat, dazu hatte ich nie die Möglichkeit. Ich konnte ein paar Facetten mehr weitergeben, was unserem Bild in der Öffentlichkeit gutgetan hat.

Inwiefern?

Nach der Show sind einige Journalisten auf mich zugekommen und wollten ein Interview machen, weil sie das, was sie da von mir gesehen haben, interessant fanden. Vorher galt ich scheinbar als ein bisschen langweilig oder mitunter sogar arrogant. Wobei ich nicht nachvollziehen kann, woher das kommt. Und dass die Show uns gutgetan hat, haben wir dann auch bei den Platten- und Kartenverkäufen. Pur hat dadurch noch einmal einen richtigen Höhenflug erlebt.

Sie haben Fans, die Ihnen jahrzehntelang die Treue halten, aber auch viele Kritiker. Was meinen Sie, woran kann das liegen, dass sich gerade an Pur die Geister scheiden?

Da muss man sich sicher die Geschichte von uns anschauen. Wir waren als Schülerband 1992 mit einem Live-Album plötzlich ganz oben in den Charts. Dann kam das Album „Seiltänzertraum“, dann „Abenteuerland“, und spätestens da waren wir als Nummer-eins-Band im Land bekannt. Aber keiner wusste so recht, was das denn für Typen sind. Zugegeben, ich sah zu der Zeit auch noch etwas merkwürdig aus - übergewichtig, mit blonder Locke und großem Ohrring, überhaupt nicht zeitgemäß. Damals konnte man sich eben noch nicht über das Internet bekanntmachen und auch die Leute konnten nicht mit einem Klick alles erfahren. Das ging viel langsamer. Plötzlich waren wir groß. Da bläst einem auf dem Weg vom Geheimtipp zur deutschen Nummer eins mitunter auch Gegenwind ins Gesicht.

Wie geht man damit um?

Im Nachhinein habe ich das besser verstanden. Aber ja, es ist mühsam, den Leuten über Jahre immer wieder zu erklären, dass bestimmte Dinge eben nicht so sind, wie sie sie sehen. Mittlerweile sind wir aber auf einem ganz guten Stand angekommen. Ich glaube, wir bewegen uns ein bisschen altersweise auf das Thema Kultband zu. Irgendwann wird man uns in Ruhe altwerden und uns einfach nur noch mit unseren Fans und unserer Musik abfeiern lassen.

Apropos. Haben Sie eigentlich schon mal daran gedacht, aufzuhören? Ist das ein Thema?

Unsere Verträge sind alle auf unser Alter von 60 Jahren ausgerichtet. Das heißt, einer weiteren Platte steht erst einmal nichts im Wege. Aber wenn ich dann 60 bin, werde ich mal die Band um mich herum versammeln und darüber sprechen, was wir noch miteinander vorhaben. Im Moment würde ich sagen, wenn alle so gesund bleiben und wir gut dastehen, dann könnten wir durchaus eine kleine Verlängerung einplanen. Wobei ich unseren Keyboarder Ingo dabei ein bisschen außen vorlassen möchte, weil er mit einer längeren Erkrankung zu kämpfen hat. Er wird aber hoffentlich auch wieder fit.

Es wäre ja auch schade, dass Ende von Pur an so einer Zahl festzumachen.

Ja, aber das ist tatsächlich schon lange so festgelegt. Bis 60 werden wir verlässlich dabei sein. Und danach müssen wir schauen, wer noch Lust hat, wer vielleicht gesundheitlich nicht mehr kann oder wer einfach noch anderes im Leben vorhat. Wir haben dem Projekt Pur in den vergangenen Jahren alles untergeordnet.

Die letzte Pur-Platte von 2015 stand im Zeichen von „Achtung und Respekt“. Welchem Thema folgen Sie auf Ihrem neuen Album, das im September erscheinen wird?

Wir haben beschlossen, das noch für uns zu behalten. Über Musik zu reden, ohne sie hören zu können, ist sehr müßig. Aber es gibt einen wie ich finde sehr guten Slogan, der sich wie ein roter Faden durch viele der Lieder zieht.

Vor Ihrem letzten Album und der Tour haben Sie eine Fanreise veranstaltet. Wird es so etwas wieder geben?

Das waren richtige Ferienreisen gemeinsam mit unseren Fans, einmal nach Side in der Türkei und einmal nach Zypern. Auch dieses Jahr wird es etwas geben. Im Moment kann ich nur verraten, dass es eine Aktion in Deutschland sein wird, die unsere Fans einbezieht. Mehr verraten wir, wenn es konkret wird.

Diese Fan-Nähe pflegen Sie auch bei Ihren Konzerten. Sie treten seit vielen Jahren schon in Arenen auf einer Mittelbühne auf. Was macht für Sie dabei den besonderen Reiz aus?

Für uns auf der Bühne ist es wahnsinnig aufregend, mitunter aber auch schwieriger, weil wir nach allen Seiten arbeiten. Der große Vorteil einer Mittelbühne ist, dass quasi alle Besucher bis in die obersten Ränge nah an uns dran sind. Wenn man so will, gibt es keine schlechten Plätze. Das macht das Ganze zu einem Happening und ermöglicht uns, eine Arena mit 10.000 bis 15.000 Leuten in ein großes Wohnzimmer zu verwandeln. Wir freuen uns, auch mit unseren Leipziger Fans ein rauschendes Fest zu feiern.

In den vergangenen Wochen dürften Sie weniger gefeiert haben. Wie auf Facebook zu sehen war, haben Sie vor Ostern wie viele andere auch gefastet. Was gibt Ihnen das Heilfasten?

Ich bin ein Mensch, der in Phasen lebt. Und die Weihnachtszeit war einfach mal wieder eine Zeit, in der ich mich habe gehen lassen. Da geht es mir wie vielen anderen Zeitgenossen. Bei uns schmecken die Gutsle, das schwäbische Weihnachtsgebäck, ganz besonders gut. Irgendwann werden die Hosen immer enger. Also faste ich und nehme ein paar Kilo ab. Das mache ich zwei, drei Mal im Jahr. Das Fasten ist für mich aber auch immer ein guter Startpunkt für eine Umstellung auf gesunde Ernährung und den Plan, regelmäßig Sport zu treiben.

Bis zum nächsten Fasten …

Ja genau, ich lebe quasi mit dem berühmten Jojo-Effekt. Im Moment hat es gepasst, da Foto-Sessions für die Platte und Termine anstehen. Ich bin aber sicher, dass es im Sommer wieder eine Phase geben wird, wo ich mich gehen lassen werde, um im Herbst dann erneut zu fasten und mit Sport anzufangen. Und dann geht’s mit 57 Jahren frisch auf die Bühne, ganz ohne Zipperlein.

››Pur am 4. Dezember, 20 Uhr, Arena Leipzig; Karten: 0345/202 97 71 (mz)