"Hart aber fair" zum Thema Griechenland "Hart aber fair" zum Thema Griechenland: Ein Theaterstück ohne Erkenntnisgewinn

Köln - Werden sie ihre Schulden jemals zurückbezahlen können? Wäre Europa gut beraten, die Griechen aus der Eurozone rauszuwerfen? Und: Ist der Grieche von seiner Mentalität her überhaupt in der Lage, Reformen durchzuziehen? Noch bevor überhaupt eine der Fragen bei „Hart aber fair“ zum Thema „Griechenland - Ende der Schonfrist“ der Runde der lustigen Diskutanten zum Fraß vorgeworfen werden konnte, meinte man ein Seufzen der Fernseh-Zuschauer hören zu können. Nicht allzu groß war die Hoffnung auf Klärung der Sachlage. Nicht allzu sachlich kamen die Gesprächspartner daher. Ein Theaterstück ohne Erkenntnisgewinn. In den Rollen ein die griechische Regierung verteidigender Gjorgos Chondros (Mitglied der Partei Syriza), ihm zur Seite der an das soziale Gewissen appellierende Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel, auf der anderen Seite ein griesgrämiger Hans-Olaf Henkel (AfD) und ein populistischer Christian Söder (CSU), dazwischen die Journalistin Silke Wettach.
Christian Söder hatte vor der Sendung am Buffet scheinbar das ein oder andere Phrasenschwein gegabelt, jedenfalls warf er Griechenland ein ums andere Mal vor „seine Hausaufgaben nicht gemacht“ zu haben, „Nebelkerzen“ zu zünden und jetzt auf „Freibier für alle“ zu hoffen. „Wenn jemand wie Herr Varoufakis bei Ihnen an der Türe klingelt und einfach sagt: Gib mir Geld! Würden Sie ihm das dann geben?“ Der Zuschauer wacht kurz auf und grübelt über die Frage: Würde man Herrn Söder Geld geben, wenn der jetzt gerade pleite vor der Tür stehen würde? Wo der doch bei der CSU ist. Laut Söder ein Paradebeispiel für eine Partei, die in Europa Rückhalt in der Bevölkerung hat.
Auf keinen Fall. Dann eher noch Elias Bierdel, der anprangert, dass nun alles der neuen griechischen Regierung angelastet wird, während die Politiker bei vorherigen Regierungschefs, die den Konservativen in Europa sympathischer waren, lange zugeguckt hätten. „Das ist ein widerliches Stück europäischer Unsolidarität.“ Wahrscheinlich der klarste Satz des Abends. Unabhängig daneben nur noch die Journalistin Silke Wettach, die sich im Wesentlichen aber darauf beschränkte zu mutmaßen, die griechische Regierung sei völlig planlos und „ohne Strategie“.
Henkel spult AfD-Programm ab
Henkel sagte, was die AfD auf ihren Zetteln stehen hat: Griechenland muss aus dem Euro raus. „Die Griechen müssen eine Währung finden, die ihrer Kultur entspricht.“ Und Deutschland solle sich da gar nicht weiter einmischen. Der Euro sei für den Frieden in Europa nämlich nicht nötig. „Oder liegen wir mit Polen im Krieg, weil die ihren Zloty behalten wollen?“ Beim Zahlen einer Abfindung wäre Henkel großzügig wie ein schwerreicher Ehemann, der seine nervige Frau einfach nicht mehr sehen kann. „Man würde ihnen einen Großteil der Schulden - vielleicht sogar alle - erlassen. Unter der Bedingung, dass sie zu ihrer eigenen Währung zurückgehen.“
Derweil der Regisseur und Grieche Jorgo Paspavassilou die Schuld an der ganzen Misere bis zur Osmanischen Herrschaft im 15. Jahrhundert zurückverfolgte (seither sei der unterdrückte Grieche unfähig zur Eigenverantwortung), wirkte Gjorgos Chondros traurig allein auf weiter Flur beim Versuch, irgendwo die Fackel der Hoffnung seiner Partei weiterzugeben. Er argumentierte mit dem „europäischen Projekt“, von dem alle geträumt hatten. Und legte am Ende verzweifelt den Finger in die Wunde, als er auf die Unzulänglichkeiten auch in reichen Ländern hinwies. „Auch in Deutschland muss besser umverteilt werden. Es wird Reichtum produziert, aber die Bevölkerung hat nichts davon.“
Vielleicht erhellt am Ende zynisch und unfreiwillig nur der eingeblendete Programmhinweis auf die nächste Talkshow die Fragen des Abends. Bei Maybrit Illner jedenfalls geht es um das Thema „Blechnapf oder Silberlöffel. Jeder ist seines Glückes Schmied.“