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"Hart aber fair"-TV-Kritik "Hart aber fair"-TV-Kritik: Rühren im Empörungsbrei

Von Barbara A. Cepielik 01.09.2014, 21:24
„Hart aber Fair“-Moderator Frank Plasberg.
„Hart aber Fair“-Moderator Frank Plasberg. WDR/Klaus Görgen Lizenz

Köln - Als Vorspeise auf der Menükarte: im üblich raunenden Privat-TV-Skandalton der methodisch zweifelhafte WDR-Markencheck zu Fischstäbchen, als Hauptgang dann Frank  Plasberg mit dem Thema "Essen aus der Truhe - was ist der Preis für unsere Bequemlichkeit?“ Gibt es nach all den Kochsendungen, nach all den Vorkostern und Haushalts-Checks noch irgendetwas, was einen zum Thema hätte überraschen können?

Lustlos in der Suppe gerührt

Es mühten sich, die Messer zu wetzen: Auf der einen Seite Bärbel Höhn (Grüne), Sterne- und TV-Koch Ralf Zacher (Vox) und Matthias Wolfschmidt von Foodwatch sowie Sabine Eichner vom Deutschen Tiefkühlinstitut neben Thomas Roeb, Marketing-Professor von der Hochschule Rhein-Sieg auf der anderen. Meist rührten sie aber genauso lustlos in der Suppe herum wie der Moderator. Nach vierzig Minuten setzte das Suppenkoma beim Zuschauer ein. Dass Tiefkühl-Lebensmittel praktisch sind und billiger als frisch Gekauftes, dass sie doch nicht so viele Vitamine haben wie angenommen - geschenkt. Hörenswerter ein kleiner Nebensatz: Dass immer weniger Menschen kochen können oder wollen, ist ein Phänomen dieser Tage. Und: es werden 42 Kilogramm Tiefkühlkost verzehrt (das meiste davon Pizza), aber 90 Kilogramm Fleisch. Jährlich.

Alles in allem half jedenfalls schon zur Halbzeit der Spannung der Sendung auch nicht mehr viel, dass es um Etikettenschwindel auch bei nicht-gefrorenen Lebensmitteln ging. Wer es i den vorangegangenen 45 Minuten noch nicht begriffen hatte, erfuhr nochmal, dass bei gefrorenem Fisch Wasser zugesetzt werden kann - was auch ekligerweise öfter passiert, als jedes Leckermaul gerne möchte. Die Zahl der Fischgeschäfte   beispielsweise in Köln spricht dafür, dass das bedauerlicherweise nur wenige Menschen schert.

Dschungel der Kennzeichnungspflicht

Dann begab sich die Runde in den Dschungel der Kennzeichnungspflicht - und war vergleichsweise einig. Man sollte wissen, was man isst, und was alles drin steckt. Und natürlich existiert ein Siegelwirrwarr auf den Verpackungen, der mehr verdeckt als Verlässlichkeit produziert. Positives Beispiel: ein Tiefkühlhersteller, der über QR-Codes auf der Verpackung den Weg ebnet, mehr zur Herkunft der Zutaten zu erfahren. Ansonsten braucht man sowieso eine Lesebrille, wenn man den Manipulationen zumindest ansatzweise auf die Schliche kommen will.

Dann wurde noch das amerikanische Chlorhuhn serviert - mit erwartbaren Reaktionen. Interessant: 17 Prozent deutscher Hühner sind laut Slowfood von Salmonellen befallen, in Skandinavien tendiert die Zahl gegen Null. Und dann noch der wunderbare Satz vom Foodwatch-Vertreter: Köche sind völlig überbewertet. Würde Zachers Vox-Sendung mit den Kriterien gemessen, mit denen er Tiefkühlkost bewertet... Vox müsste nachdenken.

Was bleibt? Wir haben die Illusion von Bergbauern und vom Auf-dem-Markt-einkaufen - und es gilt ungefähr das, was ein Zuschauer sinngemäß zu Protokoll gab: „Heute ekeln sich alle, und morgen kaufen sie den gleichen Mist wieder."

Nach der Sendung dann entweder harte Kost von den Tagesthemen - oder Chips. Einen fetten Döner. Oder 'nen Schnaps: Auf dass die nächste Sendung gedeihlicher sein möge.