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Grassi-Museum Leipzig Grassi-Museum Leipzig: Schau "Pomposa" zeigt Geigen für Bach

Von Kai Agthe 31.08.2015, 06:47
Aus dem Vollen geschöpft: Die Ausstellung im Grassi zeigt eine große Auswahl von Instrumenten Martin und Johann Christian Hoffmanns.
Aus dem Vollen geschöpft: Die Ausstellung im Grassi zeigt eine große Auswahl von Instrumenten Martin und Johann Christian Hoffmanns. Hecht/Grassi-Museum Lizenz

Leipzig - Blüthner zum Beispiel. Mit dieser Firma ist noch immer ein namhafter Instrumentenbauer in Leipzig beheimatet, auch wenn dieser inzwischen in Großpösna produziert. In den Blüthner-Schauräumen im Alten Rathaus kann man sich über das vielfältige Angebot des traditionsreichen Klavierherstellers informieren: Vom schneeweißen E-Klavier bis zum schwarzen Konzertflügel reicht die Palette an Tasten-Instrumenten, die Blüthner, auch unter dem Namen Irmler, heute fertigt.

Die Pianoforte-Fabrik ist einer der wenigen Leipziger Instrumentenhersteller, der die Zeitläufte überdauert hat. Wie man im Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig im Grassi-Komplex erfahren kann, war die Messestadt in früheren Jahrhunderten ein bedeutendes Zentrum der Instrumentenherstellung. Auch und vor allem nach 1700, als Johann Sebastian Bach (1675-1750) in Leipzig als Kantor an den Kirchen St. Thomas und St. Nikolai sowie städtischer Musikdirektor segensreich wirkte.

Drei Hoffmann-Generationen

Zu den bekanntesten Werkstätten des Instrumentenbaus zählten damals die Orgelwerkstätten Donat und Hildebrandt, die Blasinstrumentenmacher Eichentopf, Pörschmann und Sattler sowie die Lauten- und Geigenhersteller Hoffmann. Letztgenannter Familie, die in drei Generationen Zupf- und Streichinstrumente herstellte, ist die Schau „Pomposa - Die Lauten- und Geigenmacher Hoffmann in Leipzig“ im Grassi gewidmet. Nachweislich erwarb Bach 1729 für die Thomas- und Nikolaikirche je zwei Geigen, eine Bratsche und ein Violoncello von Johann Christian Hoffmann (1683-1750). Der war noch vor seinem Vater Martin (1654-1719) der wichtigste Vertreter jener Werkstatt, die nach der Mitte des 17. Jahrhunderts von dem aus Thüringen stammenden Veit Hoffmann (vor 1632-1673) in Leipzig gegründet wurde.

Die Hoffmanns, das wird in der Schau in Wort und Bild sehr schön deutlich, bauten nicht nur Streich- und Zupfinstrumente, die bei Virtuosen beliebt waren und auch in vielen Hofkapellen von Weimar über Köthen bis Zerbst gespielt wurden, sondern sie revolutionierten auch den Instrumentenbau: Martin Hoffmann etwa war ein Spezialist für den Bau von Theor-ben, einem zu den Lauten zählenden Bassinstrument, dessen Kennzeichen ein zweiter Wirbelkasten an einem verlängerten Hals ist.

Sein Sohn Johann Christian erweiterte die Besaitung der Theorbe später auf bis zu 26 Saiten. Ein solches Instrument kostete zur Bach-Zeit zwischen 40 und 60 Taler, was dem Jahresgehalt eines Gesellen entsprach. Die Theorbe ist heute ebenso ein Exot wie die Gambe. Auch letztere stellten Martin und Johann Christian Hoffmann in reicher Zahl her: von der Bass- bis zur Diskant-Gambe.

Von beiden Meistern sind etwa 60 Instrumente überliefert, deren größte Gruppe die Gamben bilden. Die Leipziger Thomaskirche besitzt heute noch zwei Geigen und eine Bratsche von Johann Christian Hoffmanns. Diese sind, wenn sie nicht gerade – wie im Moment – Exponate im Museum sind, noch immer in Gebrauch.

Als bekannteste Entwicklung von Johann Christian dürfte die Viola pomposa, auch Violonvello piccolo genannt, gelten, deren Name auch im Titel der Leipziger Schau zitiert wird. Dabei handelt es sich um eine ungewöhnlich kleine Bassgeige. Zeitgenossen berichten, dass Hoffmann sie im Jahr 1732 „auf Angaben von Johann Sebastian Bach verfertigt“ habe.

Dieses Violoncello piccolo, das auch auf dem Arm gespielt werden konnte, verkleinerte Johann Christian bis an die Grenze des akustisch Möglichen. Damit Hoffmanns Erfindung, die nur wenig größer als eine Bratsche war, dennoch wie ein Violoncello gestimmt werden konnte, brauchte es spezielle Saiten, die mit Silberdraht umsponnen waren. Das in Leipzig gezeigte Violoncello piccolo ist sogar als Fünfsaiter ausgeführt.

Die Ausstellung im Grassi kann von den Martin und Johann Christian gebauten Instrumenten mindestens ein Beispiel vorstellen. Wer welches baute, ist oft nur durch die im Korpus angebrachten Herstellersignaturen, den sogenannten „Geigenzetteln“, zu erkennen. Martin Hoffmann gebrauchte stets gedruckte, sein Sohn Johann Christian immer handgeschriebene Geigenzettel.

Oft gefälschte Signaturen

Ob so oder so, genützt hat es den Meistern oft wenig, weil auch die Signaturen der Hoffmanns, die das heute gebräuchliche Echtheitszertifikat ersetzen mussten, von Spitzbuben gern gefälscht worden sind, um billige Instrumente als angebliche Produkte des Leipziger Familienunternehmens teuer an den Mann bringen zu können.

Dass namhafte Instrumentenbauer zur Bach-Zeit nicht mehr nur als Handwerker galten, lässt ein schönes Detail erkennen: Als Johann Christian Hoffmann 1736 zum zweiten Mal die Ehe einging, wurde ihm und seiner Braut eine Hochzeitskantate gewidmet. Diese Ehre sei ein deutlicher Hinweis, so kann man im Grassi erfahren, dass Hoffmann – der sich seit 1712 königlich polnischer und kurfürstlich sächsischer Hofinstrumentenmacher nennen durfte – zur bürgerlichen Oberschicht der Stadt zählte.

„Pomposa – Die Lauten- und Geigenmacher Hoffmann in Leipzig“, bis zum 31. Oktober, Museum für Musikinstrumente im Grassi, Leipzig, Johannisplatz, Di-So 10-18 Uhr

War Kunde der Hoffmanns: Johann Sebastian Bach, 1748 gemalt von Elias Gottlob Haußmann
War Kunde der Hoffmanns: Johann Sebastian Bach, 1748 gemalt von Elias Gottlob Haußmann
dpa Lizenz