Geschichte Geschichte: Heesters Äußerung über Hitler trübt die Stimmung

Amsterdam/dpa. - «Entsetzlich verfänglich» habe sich ihr Mann ausgedrückt, räumte dieEhefrau des niederländischen Bühnen- und Filmstars in einer Erklärungein. Er sei sich bewusst, was er versehentlich mit «sprachlichemUnverständnis ausgedrückt» habe. Die Situation vor seinemherausragenden Geburtstag sei, kurzum, «eine Katastrophe».
Doch wirklich katastrophal stellte sich die Lage am Donnerstag inHeesters Heimatland keineswegs dar. Obwohl ihm noch so mancherHolländer nachträgt, dass er einst unter den Nazis Karriere gemachthat und auch hierzulande die Diskussion über seinen Besuch imKonzentrationslager Dachau noch nicht beendet ist, reagierten dieMedien auf Heesters Hitler-Äußerungen mit Zurückhaltung. Der empörteAufschrei, den seine Frau womöglich befürchtet hatte, blieb aus.
Zwar sprach die auflagenstarke Boulevardzeitung «De Telegraaf» voneiner «Bagatellisierung Adolf Hitlers» durch Heesters und rief ihreLeser zur Online-Diskussion auf. Doch kaum jemand im Chatforum desBlattes wollte den alten «Jopie» in Bausch und Bogen verurteilen.«Dieser Mann hat in einer Zeit gelebt, die die meisten von uns dochgar nicht mitgemacht haben», heiß es in einer der Meinungsäußerungen.Niemand solle sich aufs hohe Ross setzen und Heesters Verhalten unterden Bedingungen einer Diktatur vorschnell kritisieren.
Immer wieder wurde auch darauf hingewiesen, dass die Sendung, inder Heesters vorgeführt wurde, durchaus kein Beispiel für ernsthaftenpolitischen Journalismus ist. Dass die Macher der beliebtenwerktäglichen Satire-Show einen solchen Anspruch auch gar nichterheben, macht schon der Name deutlich: «Die Schakale».
«Wir gratulieren Johannes Heesters», hieß diesmal das Motto der«Schakale»-Einlage, zu der der Interviewer bei Heesters mit einemRiesenblumenstrauß erschien. Produziert wird die Sendung von der zwaröffentlich-rechtlichen, aber stark am Boulevardstil orientiertenTV-Gesellschaft VARA. Auf Sendung gehen die «Schakale» stets imRahmen der populären News-Show «De Wereld Draait Door». Der Name istein bezeichnendes Wortspiel: Er kann übersetzt werden als «Die Weltdreht sich weiter» oder auch als «Die Welt dreht durch».
In diesem Fall drehte sie wohl eher durch. Dass der fast blindeHeesters das Satire-Spiel durchschaute, ist kaum wahrscheinlich. Umso bedrückender wirkte sein - willkürlich geschnittener - Auftrittauf viele niederländische Zuschauer. Heesters Ehefrau hatte daranallerdings mit entsetzten Zwischenrufen ungewollt Anteil. Als dergreise Star die Frage, ob Hitler «ein netter Bursche» war, sichtlichirritiert bejaht, greift Simone Rethel-Heesters ein: «Jopie, wasredest Du? Das war doch kein guter Kerl, der Hitler!»
Darauf entfährt dem verunsicherten 105-Jährigen in einer Mixturaus Niederländisch und Deutsch: «Nun ja, das war er nicht, aber fürmich war er nett.» Voller Entrüstung erwidert die Frau auf Deutsch:«Hitler war der größte Verbrecher auf der ganzen Welt! Da kannst Dunicht sagen, er war ein feiner Kerl!» Das Schlusswort bekommt Jopie:«Naja, ich darf nicht mehr sagen, dann ist sie böse mit mir.»Gelächter im Studio, Kamera aus. War doch alles nur ein Scherz.
