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George Bernhard Shaw George Bernhard Shaw: Komödiendichter mit Nobelpreis und Oscar

Von Wolfgang Harms 25.07.2006, 09:59
George Bernhard Shaw ist einer der erfolgreichsten Komödiendichter und Dramatiker des 20. Jahrhunderts. (Foto: dpa)
George Bernhard Shaw ist einer der erfolgreichsten Komödiendichter und Dramatiker des 20. Jahrhunderts. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Majestät amüsierten sich königlich: Die Pointenvon der Bühne brachten Englands Regenten Edward VII. derart zumLachen, dass der Theatersessel unter ihm zusammenbrach. So wurdeGeorge Bernhard Shaw der wohl einzige Autor der Weltliteratur, derbuchstäblich einen Herrscher stürzte. Und er dürfte der einzigegewesen sein, der außer dem Nobelpreis auch einen Oscar bekam. Seinemeisterhafte Verbindung von Sozialkritik und satirischem Witz machtenden Exzentriker, Lebensreformer, Sozialist, Feminist und Vegetarierzu einem der erfolgreichsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts. AmMittwoch (26. Juli) vor 150 Jahren wurde Shaw in der irischenHauptstadt Dublin geboren.

Wie Oscar Wilde und Samuel Beckett entstammt Shaw derprotestantischen Oberschicht Irlands, die sich geistig eher anEngland orientierte als an den keltischen und katholischenTraditionen ihrer Heimatinsel. Allerdings lehrt ihn daswirtschaftliche Ungeschick seines Vaters früh, was Armut bedeutet.Mit 20 folgt er seiner Mutter nach London, versucht sich erfolglosals Romanautor und holt im Lesesaal des Britischen Museums nach, wasihm an Schulbildung entgangen ist. Er wird Mitgründer dersozialreformerischen Fabian Society und schärft in deren politischenDebatten seine Rhetorik. Bald kann er von seinen Musik- undTheaterkritiken leben.

Sein erstes Bühnenstück erlebt jedoch nur zwei Aufführungen, daszweite verbietet der Zensor. Theater ist für Shaw sozusagen dieFortsetzung der Politik mit anderen Mitteln - vor allem denen derKomödie und der Persiflage. Er beschreibt Ausbeutung, Prostitutionund die Heuchelei der bürgerlichen Gesellschaft. Aber er tut das mitso viel Humor und scharfsinnigem Spott, dass sich das konservativeenglische Theaterpublikum schließlich doch bestens unterhalten fühlt.1894 hat er mit «Helden» seinen ersten Premierenerfolg. Bis zumErsten Weltkrieg folgen im jährlichen Rhythmus neue Stücke. Danebenfindet Shaw Zeit, sich als Stadtverordneter für die Einrichtungöffentlicher Bedürfnisanstalten für Frauen einzusetzen. 1897 heirateter; die Ehe bleibt gewollt kinderlos.

1913 wird «Pygmalion» am Wiener Burgtheater uraufgeführt. DieKomödie um den Sprachwissenschaftler Higgins, der dem armenBlumenmädchen Eliza Doolittle den Akzent der britischen Oberklasseantrainiert und es damit in die feine Gesellschaft führt, wird inihrer Musical-Fassung «My Fair Lady» ein Welterfolg. Das Drehbuch fürdie Verfilmung trägt Shaw 1938 einen Oscar ein. 13 Jahre zuvor hatteihm die Schwedische Akademie der Schönen Künste bereits denLiteratur-Nobelpreis zuerkannt - was Shaw mit der Bemerkungquittiert, das sei wohl ein Zeichen der Erleichterung darüber, dasser in diesem Jahr nichts veröffentlicht habe. Anfangs will er dieEhrung nicht annehmen, willigt dann aber ein und reicht das Preisgeldsogleich einer Literaturstiftung weiter.

Um diese Zeit ist Shaw schon lange kein reiner Komödiendichtermehr. Der Erste Weltkrieg hat die viktorianische Gesellschaftzertrümmert und ihn damit seiner besten Zielscheibe beraubt, wie derTheaterhistoriker Georg Hensel bemerkt. Shaw schreibt nun spekulativeTiefsinnigkeiten wie «Zurück zu Methusalem», das mit Adam und Evabeginnt und im Jahre 31 920 nach Christus endet, um Wege zurVerbesserung des Menschen zu illustrieren. Als eins seiner bestenWerke gilt «Die Heilige Johanna», in der er Schillers vonromantischer Emphase geprägten Figur der Jungfrau von Orléans eineJohanna voll praktischer Vernunft und skeptischer Melancholieentgegenstellt.

«Der Kaiser von Amerika» (1929) wird Shaws letzter großer Triumph.Zwar schreibt er noch bis ins hohe Alter von 90 Jahren Bühnenwerke,Essays und Romane, doch er findet nicht mehr die frühere Wirkung.Dennoch bleibt er in Erinnerung: Als er am 2. November 1950 in seinemenglischen Landhaus stirbt, schalten die Theater am Broadway für eineMinute ihre Neonreklamen aus. Shaw gilt bis heute als der besteKomödienschreiber seiner Zeit und als einer der herausragendenenglischsprachigen Dramatiker seit dem 17. Jahrhundert.