"Fury in the Slaughterhouse" sind wieder da "Fury in the Slaughterhouse" sind wieder da: Raus aus dem Schlachthaus

Halle (Saale) - Am Abend bevor es losgehen sollte mit dem ganz großen Erfolg, sitzen Christoph Stein-Schneider, Rainer Schumann, Gero Drnek und die Wingenfelder-Brüder Kai und Thorsten in einer Pizzeria in Chemnitz. Es ist ein Konzert zu spielen, gleich nebenan in einem Jugendhaus. Die Band ist gespannt auf das Publikum im Osten, das Publikum hier auf den Geheimtipp aus Niedersachsen. Aber eigentlich wartet hinter der Bühne alles auch noch auf den Kurierfahrer, der die ersten Pressungen des neuen Fury-Albums „Mono“ bringen soll.
Als es dann kommt, ist alles gut. Die Selfmade-Truppe aus Hannover, die damals, Anfang der 90er Jahre, Konzerte spielt, nach denen das Schwitzwasser von der Decke tropft, avanciert in den folgenden Jahren zu einer der gefragtesten Live-Bands der Republik. Hits wie „Radio Orchid“ und „Won’t forget these days“ werden zu Hymnen, die Furys füllen Stadien, spielen im „Rockpalast“ und machen Touren durch die USA und Großbritannien, die Mutterländer des Rock.
22 Jahre nach der Gründung lösten sich Fury in the Slaughterhouse auf
Sieben Alben lang ist das Sextett auf dem Sprung ganz nach oben, eine von außen betrachtet verschworene Truppe, in der es innerlich allerdings irgendwann nicht mehr stimmt. Die Platten werden schwächer, es gelingen keine Hymnen mehr wie „Trapped today, trapped tomorrow“ und „When I’m dead and gone“.
Schließlich müssen die Bandmitglieder der Gruppe, die Ende der 80er als Gegenentwurf zu den Klamaukbands der Neuen Deutschen Welle gegründet worden war, der Realität Genüge tun. 22 Jahre nach der Gründung lösen sich Fury in the Slaughterhouse auf. Eine Abschiedstournee noch. Und dann ist es vorbei.
Zum 30. Bandgeburtstag sind die Furys auf den Open-Air-Bühnen unterwegs
Bis auf gelegentliche Auftritte blieb das fast zehn Jahre lang so. Die Wingenfelder-Brüder versuchten es erst jeder für sich, dann „Besser zu zweit“ (Albumtitel) mit deutschen Texten. Stein-Schneider spielte mit Ton Steine Scherben und Stefan Stoppok. Trommler Rainer Schumann ist Chef der Firma RetroBrain R&D, die therapeutische Videospiele für ältere Menschen entwickelt.
Alles zusammen sind sie aber neuerdings auch wieder Fury in the Slaughterhouse: Zum 30. Bandgeburtstag sind die Furys schon den gesamten Sommer über wieder auf den Open-Air-Bühnen unterwegs. Und weil es kein neues Studio-Material für die alten Fans gibt, haben sie mit „Little Big World“ eben immerhin ein Live-Album veröffentlicht, das die MTV-Unplugged-Idee aufgreift. Sechs Fury-Mannen zeigen hier ungebrochene Spielfreude und blindes Verständnis und erinnern daran, welche Menge an großartigen Melodien Alben wie „Jau“, „Hook-a-Hey“ und „Brilliant Thieves“ enthielten.
„Little Big World“ - ein sommerlich warmes Album
Die klassischen Fury-Songs werden zwar heruntergedimmt, aber nicht in Lagerfeuer-Versionen gespielt. Mit Martin Huch (Ex-Heinz Rudolf Kunze) als Verstärkung und BAP-Chef Wolfgang Niedecken nebst Fischer-Z-Boss John Watts als Gästen spielen die Furys ein entspanntes Set aus umarrangierten Hits, unterbrochen von freundlicher Plauderei der Frontleute.
Mitte April im Hamburger Club Grünspan mitgeschnitten, ist „Little Big World“ ein sommerlich warmes Album geworden, das in 23 Kapiteln die Geschichte einer Band erzählt, die immer nach ihren eigenen Regeln gespielt hat. Klangen Fury auf dem Höhepunkt von Grungemusik und Technohype zuweilen wie aus der Zeit gefallen, wird heute klar, dass sie vielmehr von Anfang an zeitlos waren: Songs wie „Seconds to fall“ und „Time to wonder“ sind schon als Klassiker geboren worden. (mz)
Fury live am 6. November im Haus Auensee Leipzig, Karten unter www.tim-ticket.de