Sachsen-Anhalterinnen die begeistern Frauentag Sachsen-Anhalt: Starke Frauen von A bis Z

Halle (Saale) - Auch eine „Löwenbraut“ kam aus dem heutigen Sachsen-Anhalt. Zumindest war das ein Spitzname für Claire Heliot, die als Clara Pleßke 1866 in Halle geboren wurde. Auch „Amazonin der Manege“ wurde die Löwendompteuse genannt, die um 1900 mit ihren Wildtieren in ganz Europa zu erleben war und ihre Kunst 1905 mit dem Dresdner Zirkus Sarrasani auch bei einer siebenmonatigen Tournee in den USA zeigte.
Vorgestellt wird die Tierlehrerin, wie sie sich selbst lieber nannte, im zweiten Band des Lexikons „Frauen in Sachsen-Anhalt“ (Buch bei Amazon bestellen), der soeben erschienen ist und Persönlichkeiten vorstellt, die vom 19. Jahrhundert bis 1945 mit jener Landschaft verbunden waren, die seit 1990 wieder Sachsen-Anhalt heißt.
Dem voraus ging im Jahr 2016 der erste Band, der Frauenpersönlichkeiten vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert verzeichnet. Herausgegeben hat beide Bände die Historikerin Eva Labouvie, die als Professorin Geschichte der Neuzeit an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg lehrt.
Porträts von Frauen aus Sachsen-Anhalt: Nietzsche hier, Benjamin dort
Allein im zweiten Band sind unter den 130 Porträts zahlreiche prominente Frauen zu finden, die man kaum näher vorstellen muss: Die aus Nebra stammende Bestseller-Autorin Hedwig Courths-Mahler, die lange Jahre in Bad Kösen wirkende Puppengestalterin Käthe Kruse, Elisabeth Förster-Nietzsche, die Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche, aus Naumburg, und die gebürtige Bernburgerin Hilde Benjamin, die wegen der hohen Zahl der von ihr in den 1950er Jahren in Schauprozessen verhängten Todesurteile berüchtigte Richterin, die von 1953 bis 1967 auch als DDR-Justizministerin amtierte.
Wie in jedem guten Personenlexikon werden prominente Namen von spannenden Entdeckungen ergänzt. Starke und selbstbewusste Frauen, die bislang nicht im Licht der Öffentlichkeit standen, sich aber in einer rein von Männern dominierten Gesellschaft zu behaupten wussten.
Zu diesen gehört zweifelsohne Selma Rudolph (1853-1931) aus Magdeburg, die 1887 anstelle ihres verstorbenen Mannes die Leitung der Maschinenfabrik und Eisengießerei C. Rudolph & Co. übernahm und diese drei Jahrzehnte innehatte.
Im Jahr 1914 wurde Selma Rudolph überdies als eine der ersten Frauen in Deutschland in einen Aufsichtsrat berufen: in den des in Magdeburg ansässigen Unternehmens Schäffer & Budenberg. Daneben war sie in zahlreichen kulturellen und karitativen Vereinen tätig, wobei die Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Zentrum ihres gesellschaftlichen Engagements stand.
„Auch der zweite Band des Lexikons“, so die Herausgeberin Eva Labouvie über die Auswahlkriterien, „stellt Frauenpersönlichkeiten vor, die im Raum des heutigen Sachsen-Anhalts geboren wurden, hier lebten oder ihren Lebensabend verbrachten und sich entweder vor Ort oder in einem Wirkungskreis außerhalb Sachsen-Anhalts politisch, gesellschaftlich, sozial, kulturell oder künstlerisch engagierten.“
Dass die Grenzziehung bei der Frage, welche Frauen als Sachsen-Anhalterinnen gelten können, fließend ist, zeigt etwa das Beispiel von Henny Porten. Der Stummfilm-Star wurde zwar in Magdeburg geboren, hat aber über diesen biografischen Fakt hinaus keine Verbindung nach Mitteldeutschland, da Portens Eltern bald nach der Geburt ihrer Tochter nach Berlin zogen. Dennoch wird hier an die Schauspielerin erinnert.
Weit intensiver war da die Verbindung von Lia Wöhr nach Sachsen-Anhalt. Die durch ihre spätere Rolle als Wirtin in der ARD-Unterhaltungsshow „Zum Blauen Bock“ mit Heinz Schenk bekannte Schauspielerin hatte ihr erstes Engagement von 1929 bis 1933 am Theater Halberstadt.
Starke Frauen aus Sachsen-Anhalt vorgestellt: Das Leben als Roman
Um dem Kleid der Ewigkeit an den Saum zu fassen, muss man/frau nicht immer zwingend Großes und Bleibendes geleistet haben. Gerade mit Blick auf den 200. Geburtstag des Schriftstellers Theodor Fontane, an den in diesem Jahr zu erinnern ist, sei etwa Elisabeth von Ardenne genannt, die nicht nur die Großmutter des späteren DDR-Erfinders Manfred von Ardenne war, sondern für Fontane auch das Vorbild für die Figur der Effi Briest im gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1894 abgab.
Zur Sachsen-Anhalterin wird Elisabeth von Ardenne durch ihren Geburtsort Zerben bei Parey im heutigen Landkreis Jerichower Land, wo sie 1853 als Freiin und Edle von Plotho geboren wurde. Eine literarische Qualität hatte ihr 99 Jahre währendes Leben, da sie als verheiratete von Ardenne eine Liaison mit einem anderen Mann einging, woraufhin ihr Ehegatte Armand Léon von Ardenne Elisabeths Liebhaber 1886 zum Duell forderte, welches mit dem Tod des Herausgeforderten endete.
Das zweibändige Werk richtet sich an Leser beiderlei Geschlechts. Aber gewidmet ist das Lexikon, so Eva Labouvie, „allen in ihm versammelten Frauen“. (mz)