Franka Hörnschemeyer Franka Hörnschemeyer: Erfundene und sezierte Räume
Berlin/MZ. - So einen schönen Kunst-Krach hatte es in Berlin lange nicht gegeben. "Baugerüst vergessen oder was? - Nö, das ist teure Kunst", nölte die Bild-Zeitung angesichts der Installation von Franka Hörnschemeyer am Paul-Löbe-Haus des Bundestages. Und prompt wurde eine Kommission einberufen, die klären musste, ob der Anblick des wuchtigen, doch zugleich luftig und zart anmutenden Stahl-Labyrinths Volksvertretern zumutbar sei.
Inzwischen sind die Wogen geglättet, und die Künstlerin, der so viel unverhoffte Aufmerksamkeit zuteil geworden war, präsentiert ihre eigenwilligen Raumkonzepte erneut auf großer Bühne. Drei Arbeiten stellt die 44-Jährige derzeit im Hamburger Bahnhof in Berlin miteinander in Beziehung. Wie schon am Löbe-Haus bedient sie sich gebrauchter Beton-Schalelemente vom Bau. Mit ihren Stahlkonstruktionen beschreibt die Berlinerin, was sie am meisten interessiert, nämlich Räume.
Doch die neue Installation macht zunächst einen abweisenderen, hermetischeren Eindruck, als das Labyrinth am Bundestag, das dort als Plädoyer für durchsichtige und durchlässige Strukturen zu verstehen ist. Die meist mit Schaltafeln verblendeten Stahlskelette im Hamburger Bahnhof wirken dagegen fast kafkaesk. Der Betrachter betritt ein echtes Labyrinth, das sich von außen fast allen Blicken verschließt. Erst in der Mitte ergeben sich Lichtungen, von denen aus der Irrgarten angenehm strukturiert wirkt.
Erst hier erschließt sich etwas von der Ästhetik des Komplizierten - sinnigerweise nur dem, der sich auf das spröde Gebilde eingelassen hat. Doch Franka Hörnschemeyer erfindet nicht nur Räume, sie analysiert sie auch. Beinahe seziert hat sie den Ausstellungsraum, der als künstliches Gebilde in den einstigen Bahnhof eingeschachtelt ist. Ein Video vom Abriss der Einbauten für die vorangegangene Schau - gedreht vom Berliner Künstler Wolfgang Wündsch - vermittelt ein fast beklemmendes Gefühl für diese Räumlichkeit, deren "natürliche" Töne als Klanginstallation zu hören sind. Raumgreifend ist auch, was eine Foto-Serie der Künstlerin dokumentiert: die gigantische einstige Militäranlage Peenemünde. Das Ergebnis von Franka Hörnschemeyers jahrelangen Erkundungen an und zu diesem gespenstischen und im Verfallsstadium fast surreal idyllischen Ort rundet die eindrucksvolle Schau ab.
Ausstellung bis 12. Januar in Berlin, Invalidenstraße 50.