Franckesche Stiftungen Franckesche Stiftungen: Das neue Miteinander von Alt und Jung
Halle/MZ. - Grundsteine sind in den Franckeschen Stiftungen seit der Wende schon manche gelegt worden. Zu dem Zeremoniell findet sich um 11 Uhr am einstigen "Königlichen Pädagogium" auch am Donnerstag wieder viel Landes- und Stadt-Prominenz ein. Diesmal läutet es jedoch eine der letzten großen baulichen und konzeptionellen Entwicklungsphasen ein, die der vor zwölf Jahren wiederbelebten Einrichtung noch verbleiben.
Mit dem geplanten "Haus der Generationen" wollen die Stiftungen den sozialen und erzieherischen Teil ihres Auftrags um ein Experiment erweitern, mit dem sie bundesweit beispielhaft zu wirken hoffen. Es geht dabei um ein nachbar- und partnerschaftliches Miteinander der Altersextreme. In dem teilweise umgestalteten und erweiterten Abschlusstrakt am historischen Lindenhof wollen ein Montessori-Kindergarten sowie ein Alten- und Pflegeheim unter Federführung des halleschen Paul-Riebeck-Stiftes eine Verbindung eingehen, um das Alltagsleben beiderseitig zu bereichern.
Die bereits gelegten Fundamente, vor allem aber das Modell lassen erkennen, wie der Architekt Wilfried Ziegemeier das Projekt räumlich angeht. So schlägt das Büro, das seit langem die Regie bei der Restaurierung des Fachwerkensembles der Stiftungen führt, beim Pädagogium erhebliche Eingriffe in die innere Struktur vor, um zugleich mit einem mehrfach versetzten Neubau an der Nordseite einen Vorhof für beide Einrichtungen zu schaffen.
Das Erdgeschoss des Fachwerkbaus wird zu einer weitgehend stützenfreien Halle ausgebaut, um in diesem "Werkhof" die Ebene für eine gemeinschaftliche Nutzung zu schaffen. Dagegen ist die zur Straße öffnende Fläche als Spielgelände vorgesehen.
Im Inneren des Pädagogiums hat sich der Staub inzwischen gelegt, der mit dem Aufreißen der Fußböden und Freilegen von Wänden und Decken aufgewirbelt wurde. Zum Vorschein kommt ein Balkenwerk, das über weite Strecken zu Mehl zerbröselt. Warum der echte Hausschwamm in diesem 1713 eröffneten Bauwerk mit explosionsartiger Gewalt wüten konnte, offenbaren die nach dem Krieg für die Studentenwohnheim eingerichteten Wasch- und Toilettenkabinen. Aus undichten Rohren breitete sich jahrzehntelang Wasser durch alle Etagen aus.
Zwar werden alle noch brauchbaren Balken gesammelt, um sie für die Restaurierung wieder zu verwenden. Etwa ein Viertel des Baus an der Westseite muss dennoch völlig neu errichtet werden und wird ein Treppenhaus aufnehmen. Mit den großen Öffnungen im Erdgeschoss steht das Haus künftig wie auf Arkaden. Wird es damit vom Bild der Häuser im Lindenhof erheblich abweichen, so übertrifft auch der Anbau des Altersheims jede bisher in den Stiftungen gesehene architektonische Ergänzung.
Das zugrunde liegende Konzept ist Teil des Stiftungsanspruchs, das Leben im Alter aus der Tendenz zur Isolation heraus zu führen. So werden auf den Etagen Wohngruppen gebildet, die sich um einen Treffpunkt, nämlich die gemeinsame Wohnküche, anordnen. Dies ergänzt die geplanten unmittelbaren Kontakte zum Montessori-Kindergarten und darüber hinaus zu anderen Einrichtungen der Franckeschen Stiftungen.
Im Blick auf das Modell bleibt allerdings die Frage offen, wie die aufgelockerte, aber doch konservative Blockstruktur des Anbaus in ihrer gleichförmigen Fenstergliederung und Fassadensymmetrie den experimentellen Charakter der Anlage sinnbildlich nach außen trägt. Der Bau verbreitet, wenn auch ohne Allüren, eine Aura des Institutionellen, die dem Konzept erklärtermaßen fremd ist. Die Offenheit der Strukturen findet nur bedingt eine architektonische Entsprechung.