Fotografie Fotografie: So nackt waren die «Mädchen der DDR»

Greifswald/dpa. - Im Jahr 1984 veröffentlichte der Playboyunter dem Titel «Mädchen der DDR» eine zehnseitige Fotostrecke mitBildern von Günter Rössler. Vor zwei Jahren - aus Anlass seines 80.Geburtstages - wurde Rössler in seiner Heimatstadt Leipzig mit einergroßen Retrospekive geehrt. Rössler ist also ausstellungserfahren -doch mit der Exposition im Pommerschen Landesmuseum in Greifswaldbetritt er Neuland. «Ich bin aufgeregt», bekennt Rössler.
Erstmals werden seine Fotografien mit Akt-Malereien der UsedomerKünstler Otto Niemeyer-Holstein (1896-1984), Susanne Kandt-Horn(1914-1996) und Sabine Curio (Jahrgang 1950) gezeigt. 1974 lernteRössler bei Arbeiten für die Modezeitschrift «Sybille» Niemeyer-Holstein und Kandt-Horn kennen. Rössler fotografierte die mit derneuesten Mode gekleideten Modelle in den Ateliers der Künstler. Ausdiesem ersten Zusammentreffen entstand eine Bekanntschaft und spätereArbeitsfreundschaft, die sich in den Werken der Usedomer Malerniederschlug. Die Frauen, die Rössler nackt fotografierte, standenspäter Otto Niemeyer-Holstein und Susanne Kandt-Horn Modell. Erstmalswerden diese Werke nun zusammen in einer Ausstellung gezeigt.
Der Vergleich der Arbeiten lässt die unterschiedlichenkünstlerischen Handschriften erkennen. Die Frau, die Rössler alsfragiles und zerbrechliches Wesen auf Zelluloid bannte, erscheint inden Werken von Susanne Kandt-Horn überhöht plastisch. OttoNiemeyer-Holsteins Akte wirken dagegen wie impressionistischeLandschaften. Daneben stehen Fotografien, in denen Rössler denArbeitsprozess von Otto Niemeyer-Holstein und Susanne Kandt-Horndokumentiert: Niemeyer, der einen Spiegel hinter das Modell stellte,um beim Malen auch die Rückenansicht der Frau sehen zu können, oderNiemeyer malend an der Staffelei.
Aus der fernen Verehrung für den Maler, der zehn Jahre nach demKennenlernen im Jahr 1984 starb, wurde im Lauf der Jahre eineArbeitsfreundschaft, aus dem «Herrn Professor» wurde der «Käptn» -wie Niemeyer-Holstein nur von seinen Freunden genannt wurde. Rösslererinnert sich an das Ritual, wenn er mit einem Mädchen das Atelier,Niemeyers «Tabu», in Lüttenort betrat. «Ich musste einenPlattenspieler anstellen, dann wurde bei der Musik von Brahmsgearbeitet.»
Vieles geriet über die Jahre in Vergessenheit, gesteht Rössler.Dankbar ist er deshalb Mario Scarabis, Ausstellungskurator undMitarbeiter des Pommerschen Landesmuseums, der nach der LeipzigerRetrospektive auf Rössler zuging und ihn mit der Idee dieserungewöhnlichen Schau konfrontierte. Gemeinsam durchforsteten sie dasArchiv Rösslers. Längst vergessene Negative und alte Abzüge kamendabei zutage. In einer alten Ausgabe der «Sybille» fanden sich Briefevon Susanne Kandt-Horn an den Fotografen, die von einem herzlichenVerhältnis zeugen . «Ich war wie berauscht», erinnert sich MarioScarabis. Die Original-Aufnahmen, ergänzt um neue Abzüge alterNegative, geben der Ausstellung eine weitere - private - Facette.
Zur Ausstellungseröffnung am Sonntag wird Günter Rössler inGreifswald erwartet. Erstmals wird er dann seine Arbeiten imZusammenklang mit den Werken der Maler sehen. Er sei sehr gespannt,sagt er. Die Schau ist bis zum 4. Januar in Greifswald zu sehen.