Flüchtlingsunterkunft in Berlin Flüchtlingsunterkunft in Berlin: Der Tag an dem Clooney nicht kam

Es hätte alles so schön werden können. „Wir zeigen den Klassiker“, hatte Heimleiter Thomas de Vachroi angekündigt. „Erst den Medizinbereich, dann die Kleiderkammer.“ Die Fotografen sollten immer vorneweg gehen, damit sie alle schön von vorn zeigen können. Soweit der Plan, nun fehlten nur noch die Gäste.
Und genau deshalb steht Thomas de Vachroi am Freitag gegen halb 11 Uhr vor der Flüchtlings-Notunterkunft am alten Rathaus Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz in Berlin und wartet. Mit ihm warten einige ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, fünf Polizisten, ein gutes Dutzend Journalisten, etwa zehn schwarz gekleideten Security-Männer und der Bezirksbürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann.
Ein Gerücht mit Folgen
Sie alle haben das Gerücht gehört, dass Schauspieler George Clooney der Unterkunft mit 1152 Flüchtlingen einen Besuch abstatten will, und mit ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel. Jeder allein wäre schon hoher Besuch gewesen – aber beide auf einmal… „Halb zehn“, erzählt Heimleiter de Vachroi, habe er telefonisch davon erfahren, „aber woher, das sag ich nicht. Quellenschutz“.
Auch Lana Bruschtina wartet an diesem kalten Vormittag vor dem Seiteneingang des ausgedienten Rathauses. Sie hat ihr Smartphone gezückt und zeigte einem Flüchtling ein paar Bilder. Sie alle zeigten ein- und denselben Mann. „You know him?“, fragt sie den 16-Jährigen nachdrücklich, der allein mit seinen vier älteren Geschwistern aus Afghanistan nach Deutschland gekommen ist und seit September im Rathaus lebt.
„He ist coming“
Der Junge, der inzwischen ein paar Brocken deutsch spricht, schüttelt erst den Kopf, dann nickt er. „This ist George Clooney“, erklärt die 36-Jährige lächelnd. „He ist coming“, setzt sie nach. Das Gerücht vom Promi-Besuch hat auch unter Flüchtlingen und Helfern die Runde gemacht. Sie sei ein riesiger Fan des Schauspielers, erzählt die Helferin, „aber der Besuch ist auch deshalb etwas Besonderes, weil damit unsere Arbeit gewürdigt wird“.
Auch Bezirksbürgermeister Naumann hat sich etwas überlegt. Zwei Stunden später ist klar, dass die Quelle vom Heimleiter de Vachroi offenbar schlecht informiert war - denn niemand kommt. Weder Clooney noch Merkel.
Der Dienstwagen fährt wieder davon
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann, der sich vorgenommen hatte, Merkel von der Willkommenskultur in seinem Bezirk zu berichten („sowohl für Flüchtlinge, als auch Investoren“) verschwindet in seinem Dienstwagen, auch die Journalisten gehen. Zurückbleiben die Helfer und Flüchtlinge. An einem ganz normalen Tag im Februar.