Film-Chamäleon Alan Arkin wird 75
San Francisco/dpa. - Nach vier Jahrzehnten in Hollywood mit über 50 Filmen und drei Oscar-Nominierungen hatte Alan Arkin die Hoffnung auf Gold fast aufgegeben.
Eine skurrile Rolle als Sex- und drogenbesessener Großvater, der nach seinem Ableben im Kofferraum über den US-Highway rollt, brachte dem Charakterdarsteller am Ende den verdienten Oscar-Triumph. Mit dem gefeierten Road-Movie «Little Miss Sunshine» über eine durchgeknallte Familie holte Arkin vor zwei Jahren die Trophäe als bester Nebendarsteller. Warum ausgerechnet er gewonnen habe, wurde er nach der Show gefragt. «Keine Ahnung, es könnte mein Alter sein», scherzte der glatzköpfige Schauspieler. «Jeder denkt, dass ich in ein oder zwei Jahren aus den Latschen kippe.»
Weit gefehlt: Arkin, der am 26. März 75 Jahre alt wird, hat seit der Oscar-Show bereits sieben neue Filme abgedreht. In der Komödie «Marley & Ich» spielt er einen strengen Zeitungsboss, in dem Polit-Thriller «Machtlos» einen amerikanischen Senator. Auf der Berlinale war er jüngst in dem Independent-Streifen «The Private Lives of Pippa Lee» als deutlich älterer Leinwand-Gatte von Robin Wright Penn zu sehen. Bereits vor fast vier Jahrzehnten pries die Londoner «Times» ihn als «Chamäleon auf der Leinwand» und verglich ihn mit dem großen Alec Guinness. Schon damals zählte er dank seiner Rollenvielfalt und Intensität zur ersten Garde Hollywoods.
Für seine erste Filmrolle überhaupt, Norman Jewisons Satire «Die Russen kommen! Die Russen kommen» von 1966, wurde er prompt mit dem Golden Globe der Hollywood-Auslandspresse als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet und für einen Oscar nominiert. Ein Jahr später drangsalierte er als psychopathischer Mörder die blinde Audrey Hepburn in dem Thriller «Warte, bis es Dunkel ist». Die Rolle habe er gehasst, denn es sei ihm schwer gefallen, die von ihm so verehrte Schauspielerin zu quälen, sagte Arkin später. Seine zweite Oscar-Nominierung kam 1968 für die Darstellung eines Taubstummen in dem Drama «Das Herz ist ein einsamer Jäger» nach dem Roman von Carson McCullers.
Als Sohn einer russisch-jüdischen Künstlerfamilie wurde Arkin in New York geboren, wuchs aber vom 12. Lebensjahr an in Los Angeles auf, wo er schon als Teenager die Liebe zur Schauspielerei entdeckte. Er tourte dann aber zunächst mit einer Gesangsgruppe - auch durch Europa -, bis er endlich am New Yorker Broadway landete und für seine Rolle in der Komödie «Enter Laughing» 1963 sofort mit einem Tony ausgezeichnet wurde. Im folgenden Jahr war er Star des Broadway-Hits «LUV».
Seine Karriere war ein reines Wechselspiel: Er war Regisseur am Broadway, Off-Broadway und fürs Fernsehen, er schrieb Kinderbücher, nahm Platten auf, produzierte Filme und kehrte immer wieder vor die Kamera zurück. Zu Arkins unvergesslichen Rollen zählt sein Auftritt in der Kriegsfarce «Catch-22» (1970) unter der Regie von Mike Nichols nach Joseph Hellers berühmtem Erstlingsroman, in dem er den Bomberpiloten Yossarian mimte. In den 90er Jahren fiel er durch Nebenrollen in «Glengarry Glen Ross», «Jakob der Lügner» und «Gattaca» auf.
Arkin ist Vater von drei Söhnen und seit 1996 in dritter Ehe mit Suzanne Newlander Arkin verheiratet. Das Paar lebt abseits von Hollywood im US-Staat New Mexico, wo der Schauspieler auch als Umweltschützer und als Verfechter gesunder Ernährung und des biologischen Anbaus bekannt ist. Über seine Vorliebe für riskante Rollen und nicht-kommerzielle Filme sagte er einmal: «Ich möchte Dinge ausprobieren. Erfolg hat nichts mit den Einnahmen an den Kinokassen zu tun, sondern damit, dass man seine eigenen Ziele verfolgt und als Person wächst.»