"Fashion Hero" mit Claudia Schiffer "Fashion Hero" mit Claudia Schiffer: Verkappte Dauerwerbesendung auf ProSieben

Halle (Saale)/MZ - "Es ist die Chance ihres Lebens, ein ganzes Land neu einzukleiden", sagt Steven Gaetjen, der Moderator der neuen ProSieben-Show "Fashion Hero", in der Nachwuchs-Modedesigner um Aufträge von Großunternehmen ringen. Ob eine hastig auf den Markt geworfene Mini-Kollektion für Karstadt, s.Oliver oder Asos nun tatsächlich diese Durchschlagskraft besitzt, das sei dahingestellt. Aber eins ist sicher: Es ist die Chance des Lebens für diese Konzerne, im Schnitt alle drei Minuten im Mittwochs-Abendprogramm genannt zu werden, ohne dass "Dauerwerbesendung" in einer Ecke des Fernsehbildschirm blinkt.
Jeder der drei hat einen Einkäufer entsandt, der auf die gezeigten Entwürfe bieten oder auch nicht bieten kann, der die nicht vorhandene Spannung mittels undurchdringlicher Miene weiter in die Länge zieht und das Profil seines Arbeitgeber schmeichelhaft darstellen kann. Es geht schließlich allein darum, ob etwas "commercial tragbar" ist, wie es hier in schönstem Denglisch heißt.
Suggestion von Weitläufigkeit
Diese Sprachmischung klingt nun allerdings nur bei Karl Lagerfeld authentisch, bei allen, die in diesem pompös ausgestatteten Studio festgesetzt worden sind, ahnt man den verzweifelten Versuch, Pattensen gegen Paris einzutauschen, sprich: Weltläufigkeit zu suggerieren. "Wir haben einen Star in the making hier", noch so ein Satz, nach dem man sich extravagante Erscheinungen wie Bruce Darnell ("Die Handetasche muss lebendig sein") zurückwünscht und sogar Heidi Klums herrische Rhönradtrainerinnen-Art.
Manege ist beides: Klums ebenfalls bei ProSieben beheimatete Sendung "Germany's Next Topmodel" wirft arglose Model-Aspirantinnen dem Publikum zum Fraß vor, "Fashion Hero" will Designer mit hehren Ambitionen im Schlund der Industrie verschwinden lassen. Es sei doch ganz schön, wenn man seine Entwürfe auch mal in der Fußgängerzone sehen könne, befindet matt einer der zehn Teilnehmer in der ersten Folge, die von sizilianischem Witwenlook bis Skater-Mode alles geben. Insgesamt 21 werden sich in diesem Format durchrackern, wer kein Gebot auf seine Visionen erhält und damit ins "Designer Loft" einziehen darf, kann sich immer noch in der Challenge des "Fashion Showdown" beweisen. Dieses Mal musste in einer halben Stunde ein Sakko überraschend umgestellt werden. Der eine riss es für einen Minirock in Fetzen, eine andere machte daraus etwas Westenähnliches.
Claudia Schiffer glänzt vor allem durch ihre Haare
Ach so, Sie wollten eigentlich wissen, wie sich Claudia Schiffer geschlagen hat, Supermodel und Gesicht dieser Sendung? Und in den Neunzigerjahren von RTL2 für die Talkshow "Close Up" verpflichtet, die schon nach einer Ausgabe abgesetzt wurde? Nun, Schiffer konnte beispielsweise beitragen, dass so etwas Westenähnliches mit besonders wenig Stoff "Gilet" heißt. Ihre Haare saßen dabei toll und glänzten super! Und wir wiederum würden gerne wissen, von welchem Label dieser hübsche rote Wollpullover war, den sie trug, wenn sie in den Einspielfilmen kurz bei den Teilnehmern vorbeihuschte, Mut zusprach ("Sieht doch schon ganz gut aus") und ungemein freundlich lächelte. Klumhaft dramaturgisch wäre da noch viel zu machen, die mündliche Beteiligung in der Show ließ auch zu wünschen übrig. Das sah dann doch eher nach Teilzeitjob aus. Claudia Schiffer wird vorsichtshalber auch nur als Mentorin geführt, zusammen mit dem "Markenkommunikationscoach" Uta Huesch und dem ausbaufähig flamboyanten Stylisten (u.a. Lana Del Rey und Rihanna) Sascha Lilic.
Donnerstag schon in den Läden
Die Gnade der Einkäufer fand unter anderem Rayan Odyll mit asymmetrischen Kreationen in schwarz-weißem Muster, den Zuschlag gab es bei 110.000 Euro - was allerdings den gesamten Warenwert der tausendfach realisierten Entwürfe beziffert, der Designer erhält lediglich einen Anteil am Verkaufserlös. Auch Marcel Ostertag ist unter denen, die weiter sind. Nach 14 Abendmoden-Kollektionen und regelmäßiger Präsenz auf der Berliner Fashion Week könnte er sich fehl am Platze fühlen in dieser Sendung, aber er geht durch mit einem glatten Lächeln. Ab Donnerstag schon wird nämlich verkauft, was er und seine Kollegen hier präsentiert haben, die Aufzeichnung von "Fashion Hero" erfolgte bereits im Mai. Auf dass es reibungslos funktioniert für die Industrie hinter der Mode.