Songcontest wird politisch ESC Kiew 2017 und Politik: Was nicht sein darf - und dennoch passiert

Kiew - Auch wenn politische Statements etwa auf T-Shirts, durch Gesten oder in Songtexten verboten sind, ist der Eurovision Song Contest eine hochbrisante Veranstaltung. Vor allem in jüngster Zeit vergeht kaum ein Jahr ohne versteckte oder offene Botschaften:
Stockholm 2016
Mit ihrem dramatischen Titel „1944“ gewinnt die Ukrainerin Jamala. Darin erzählt sie von der Vertreibung der Krimtataren in der Zeit des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Rund zwei Jahre vor dem Grand Prix hatte sich Russland die ukrainische Halbinsel Krim ins Staatsgebiet einverleibt, was zu Spannungen zwischen den Staaten führte. Die Jurys beider Länder geben an den Teilnehmer des jeweils anderen keinen Punkt, die Zuschauer allerdings verteilen zweistellige Punktzahlen.
Wien 2015
Das armenische Musikprojekt Genealogy erinnert zum 100. Jahrestag mit seinem Lied „Don't Deny“ („Verleugne Nicht“) an den Völkermord an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich. Der Titel wird zwar nach dem Einspruch der Jury in „Face the Shadow“ („Stell dich dem Schatten“) geändert, der Text bleibt aber gleich. Die Band landet im Mittelfeld auf Platz 16.
Malmö 2013
Nicht allein mit ihrem Text, sondern auch mit der Performance sorgt die Finnin Krista Siegfrids für Aufsehen: Am Ende ihres Liedes „Marry Me“ („Heirate Mich“) küsst sie eine ihrer Background-Tänzerinnen und protestiert damit gegen das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen in ihrer Heimat. Der Song erreicht im Finale nur den drittletzten Platz.
Baku 2012
Im autoritär geführten Aserbaidschan macht einmal nicht ein Teilnehmer, sondern ein Jury-Mitglied von sich reden. Bei der Punktevergabe findet die deutsche Komikerin Anke Engelke klare, aber freundliche Worte an die Menschen und die Regierung des Landes: „Es ist gut, abzustimmen, und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf eurer Reise, Aserbaidschan. Europa schaut auf euch“, sagt sie vor den vielen Millionen TV-Zuschauern auf Englisch.
Helsinki 2007
Israel schickt die Polka-Klezmer-Rap-Nummer „Push the Button“ nach Finnland. Die Teapacks warnen darin vor „verrückten Führern“ und deren „Druck auf den Knopf“. Einige Textzeilen sind an den damaligen iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad gerichtet, der ein Atombombenprojekt verfolgte und immer wieder mit der Vernichtung Israels drohte. Die Teapacks scheitern in der Quali.
Birmingham 1998
Bereits die Wahl der transsexuellen Dana International als Vertreterin ihres Landes bringt ultra-orthodoxe Juden in Israel auf die Palme. Als Botschafterin einer weltoffenen Gesellschaft holt sie allerdings mit ihrer Discohymne „Diva“ den Titel und wird zur Galionsfigur der Trans-Bewegung. 16 Jahre später wird wieder eine Kandidatin mit ihrer Botschaft von Toleranz und Respekt gewinnen: Mit „Rise Like A Phoenix“ setzt die Dragqueen mit Bart, Conchita Wurst, aus Österreich erneut die Frage nach Geschlecht und Identität in Kopenhagen auf die Agenda. (dpa)
