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Eberhard Burger: Lebenswerk Frauenkirche

Von Simona Block 19.07.2007, 16:30

Dresden/dpa. - Das Meisterstück vollendet, die Grundlagen für die Zukunft der Dresdner Frauenkirche geschaffen: Nach 16 Jahren im Dienste des wohl berühmtesten protestantischen Kirchgebäudes der Welt tritt Eberhard Burger Ende des Monats in den Ruhestand.

«Ich gehe mit gutem Gewissen», sagt der Baudirektor, dessen Arbeitstage in den letzten Jahren im Schnitt zwölf Stunden und die Wochen sechs Tage hatten. Die Stiftung Frauenkirche verabschiedet ihren Sprecher der Geschäftsführung an diesem Sonntag (22. Juli) mit einem Gottesdienst in dem Spätbarock-Bau, der unter seiner Führung originalgetreu Stein für Stein wiedererstand. Der Bauingenieur, der am 26. Juli 64 Jahre alt wird, gibt nun sein Lebenswerk ruhigen Gewissens in neue Hände.

«Der Druck hat etwas nachgelassen, alles hat sich normalisiert», sagt Burger rund 33 Monate nach der Weihe des Gotteshauses. Die neue Struktur der Stiftung habe sich bewährt. «Jeder hat seinen Platz und seine Aufgabe.» Die Konzentration aller Last auf eine Person wie bisher werde es nicht mehr geben. «Die Verantwortung wird auf mehrere Schultern verteilt.» Die Geschäftsführung für den Bereich Bau werde der Kollege übernehmen, der einst die Steinplanung der Frauenkirche realisierte. Ganz verabschieden vom einzigartigen Projekt der Versöhnung wird Burger sich aber nicht. «Ich bin in den Stiftungsrat berufen», sagt er.

Mit seinem hellen Lockenschopf und den barocken Gesichtszügen galt Burger vielen als «George Bähr des 20. Jahrhunderts». Er selbst weist diesen Vergleich von sich. Dabei gibt es Parallelen im Leben des Barock-Baumeisters der Frauenkirche und des 1,90-Meter-Mannes, dessen Name untrennbar mit dem Wiederaufbau der 1945 zerstörten Kirche verbunden ist. Ratszimmermeister Bähr, 1666 geboren und 1738 - vor Vollendung seines Meisterwerks - gestorben, musste Architekt, Statiker, Akustiker, Bauphysiker, Technologe und Bauüberwacher zugleich sein.

Burger war fast 300 Jahre nach Bähr Wiederaufbauchef der Frauenkirche. Bei dem Job half ihm das zu DDR-Zeiten aus der Not heraus angewöhnte ganzheitliche Denken, sagt er. 1943 in Berlin geboren, studierte er in Dresden Bauingenieurwesen. Die erste Stelle als Bauleiter für das Rennomierobjekt Kernkraftwerk Lubmin ersparte ihm den NVA-Dienst. 1971 kam er zurück nach Dresden, wo er im Bau- und Montagekombinat Werkhallen und Verwaltungsgebäude für Firmen wie Mikromat oder Robotron baute.

Die evangelische Kirche engagierte den Christen 1980 als Kirchenbaurat und übertrug ihm die Verantwortung für alle mit Valuta- Mark realisierten Kirchbauten wie Zwickauer Dom, Gemeindezentren, Pfarrhäuser, Kindergärten oder Rüstzeitheime. 1991 erhielt er von der Landeskirche erste Aufträge zur Planung und Vorbereitung des noch umstrittenen Frauenkirchen-Wiederaufbaus. 1994 wurde er Baudirektor der Stiftung Frauenkirche, Ende Oktober 2005 erlebte Burger mit der Weihe unter der «Steinernen Glocke» die Krönung seiner Karriere.

Gemütliche Abende bei Rotwein, Auszeiten im Grundstück in der Sächsischen Schweiz und Radtouren waren für den vierfachen Großvater, der seit 1986 auch Domherr von Wurzen ist, seit Jahren Luxus. Langsam hat er sich in den vergangenen Monaten von «seinem» Werk gelöst, Abstand gewonnen. «Ich muss Vertrauen haben, sie machen es eben anders als ich, Kinder muss man auch loslassen», sagt er. Die «Dickmadam», wie die Frauenkirche wegen ihrer Sandsteinkuppel von den Dresdnern liebevoll genannt wird, war das Projekt seiner beruflichen Laufbahn mit der emotionalsten Bindung.

Nun wartet Burger gespannt auf den ersten Tag ohne Büro. «Ich bin froh, dass ich dann den Garten auch mal bei Tage sehe und Zeit fürs Privatleben habe», sagt Burger. Mit seiner Frau will er reisen, Freunde besuchen, Bekanntschaften pflegen. «Ich habe sehr viele Dinge vernachlässigt.» Dazu gehören die Altstudenten des Gesangsvereins Concilio Crescendo, mit denen Burger Studentenlieder schmettert. Frönen will er seiner Koch-Leidenschaft und das Essen bei einem Glas Rotwein genießen. Ganz zur Ruhe setzt sich Burger aber nicht: Er engagiert sich ehrenamtlich für die bauliche Instandsetzung des Palais im Großen Garten. Für dessen Förderverein zur Sanierung des Barockpalais steht übrigens die Frauenkirche Modell.