Dresden Dresden: Kuppel der Frauenkirche erhält den letzten Stein

Dresden/dpa. - Nach knapp zehn Jahren Bauzeit ist der Steinbau der Dresdner Frauenkirche vollendet. Zwölf Monate früher als geplant setzten die Maurer Tobias Lochmann und Steffen Rauh am Dienstag in 78 Metern Höhe den letzten, «präzis und schön zugehauenen» Sandstein in den oberen Kranz der Laterne auf der Kuppel. Der 365 Kilogramm schwere, 80 mal 60 mal 35 Zentimeter messende Stein mit ausgearbeitetem Sims wurde in die Lücke an der Südostecke eingepasst. «Das war ein langer Weg», sagte Baudirektor Eberhard Burger, der sich an die Anfänge erinnerte. «Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, weil es zu Ende geht.»
1993 hatte nach jahrelangem Disput um einen Wiederaufbau des Gotteshauses, dessen Ruine zum Symbol gegen den Krieg sowie für den Aufbruch aus der DDR-Diktatur wurde, die Enttrümmerung begonnen. Dabei waren 22 500 Kubikmeter Schutt beräumt worden. Am 27. Mai 1994 wurde im Ostflügel der erste Sandstein gesetzt. Waren anfangs die Bemühungen der Bauleute kaum wahrnehmbar, ging es in den letzten Monaten Schlag auf Schlag: Hauptsims, Glockentürme und die «Steinerne Glocke» wuchsen täglich. Die Vollendung der weltberühmten Steinkuppel war im September 2003 der erste Höhepunkt: Nach fast 58 Jahren erhielt das alte Dresden seine historische Silhouette zurück.
Knapp eine Million Steine wurden verbaut, darunter 3634 aus den Trümmern geborgene und aufbereitete Werkstücke, die sichtbar in der Außenhaut ihren früheren Platz wieder einnehmen. Dunkler als die neu gebrochenen Sandsteine erinnern sie an die einst größte Wunde der bei Bombenangriffen am 13. Februar 1945 zerstörten Stadt. Zudem zeugen sie von der Bereitschaft von Menschen in aller Welt, das einmalige Projekt finanziell zu unterstützen: Hunderte Steine haben einen «Paten».
Das Gedicht zur Versetzung des letzten Steins, eine Urkunde und die Namensliste der rund 200 Frauenkirchen-Bauleute wird in einer Kassette in das im Schlussstein vorbereitete Bohrloch gelassen.
«Wir haben verändert, verbessert und ergänzt, wo es notwendig war», sagte Burger, nachdem die letzten Fugen mit Flüssigmörtel verfüllt sind. Die Pläne von Ratszimmermeister George Bähr für das 1726 bis 1743 erbaute Original waren Vorbild für den Wiederaufbau, zu dessen Vollendung nun noch die Turmhaube mit Kreuz fehlt. Auf dem Laternenkranz sind bereits die Schäfte und Löcher für die Befestigung sichtbar. Die 25 Tonnen schwere und 15 Meter hohe kupferverblechte Holz-Konstruktion, die vom Strahlenkreuz bekrönt wird, soll am 22. Juni aufgesetzt werden. «Für diesen Akt nehmen wir nur das Dach der Einhausung ab», sagte Burger.
Bei dem für die Bauherren historischen Moment hatten Schaulustige am Dienstag das Nachsehen: Vergeblich warteten sie rund um die Baustelle darauf, einen Blick auf das nur wenige Minuten dauernde Zeremoniell zu erhaschen. Während die Bauleute hoch oben den Akt mit hellem und dunklem Bier begossen, donnerten 70 Meter tiefer die Presslufthammer im Kirchenraum und rissen die Betondecke auf, die die Gewölbe der Unterkirche während des Baus schützte.
«Bis zum 30. Juni wird der Fußboden mit Sandstein belegt», sagte Burger. Erst vor einer Woche waren die Gerüste im Innenraum gefallen. Emporbrüstungen und Pfeiler tragen die Farben des Originals von 1736. Nach Vollendung der Architekturmalerei in der Innenkuppel soll der Dresdner Künstler Christoph Wetzel demnächst mit der Ausmalung der acht Bildnisse der vier Evangelisten und vier Tugenden beginnen.
Die farbliche Fassung des Altars dauert dagegen noch bis 2005. Dann soll auch die lange umstrittene Nachbildung der verlorenen Silbermann-Orgel eingebaut werden. Schon Ende Juni diesen Jahres werden die Gerüste an der Laterne abgebaut. Ende Juli soll dann auch das Kuppelkreuz in 91 Metern Höhe weithin sichtbar sein.

