Neues Buch „Die Assistentin“ von Caroline Wahl - intensiv und packend
Zwei Bestseller hat sie schon geschrieben. Nun legt Ausnahmetalent Caroline Wahl den dritten Roman vor. Inspiriert vom eigenen Erleben? Mehr Emotionen passen jedenfalls kaum zwischen zwei Buchdeckel.

Hamburg - Kaum eine Emotion, die es nicht gibt im neuen Roman „Die Assistentin“ von Caroline Wahl. Es geht um Enttäuschungen und Verletzungen, um Einsamkeit, innere Zerrissenheit und fehlende Stabilität, aber auch um wachsenden Widerstand, um Glück und Liebe. Es ist schon der dritte Titel, den die Bestsellerautorin innerhalb von nur drei Jahren vorlegt.
Auch diesmal steht wieder eine sensible, zugleich starke, eigenwillige junge Frau im Fokus. In der packenden Geschichte manövriert sich Verlagskraft Charlotte in kräftezehrenden Monaten beinahe in eine Katastrophe, kann das Ruder aber doch noch herumreißen und ihren Weg einschlagen.
Caroline Wahl hat mit dem Schreiben ein Zuhause gefunden
Caroline Wahl gilt als Ausnahmetalent. Schon ihr Debütroman „22 Bahnen“ war 2023 eine Sensation im Literaturbetrieb. Das Buch ist mehr als eine Million Mal verkauft worden, hat Auszeichnungen erhalten. Und: Die ergreifend geschriebene Story um Studentin Tilda, die zwischen alkoholkranker Mutter, Sorge um die kleine Schwester Ida und eigenen Wünschen balancieren muss, ist verfilmt worden: Am 4. September kommt „22 Bahnen“ nun in die Kinos.
Direkt im Jahr nach dem Erstlingswerk veröffentlichte Wahl 2024 „Windstärke 17“, der wieder Bestseller wurde. Der Deutschen Presse-Agentur sagte die 30-Jährige kürzlich: „Mit dem Schreiben habe ich auf einmal ein Zuhause und einen Sinn gefunden, der davor nie da war.“
Sie sei „nur dankbar und werde richtig viel Arbeit und Freude reinstecken in diesen Weg, den ich weitergehen werde“, schilderte Wahl. Erwartungsdruck spürt die junge Autorin, die seit 2024 in Kiel lebt, dabei nicht. „Wenn, dann meinen eigenen und eher eine Lust, zu erzählen, sich auszuprobieren, schnell nachzuliefern und nicht von der Bildfläche zu verschwinden.“
Steckt Autobiografisches in Buch Nummer drei?
Die Schriftstellerin hatte selbst einst bei einem Verlag in der Schweiz gearbeitet. Es sei ihr nicht gut gegangen und sie habe daher den Entschluss gefasst, einen Roman zu schreiben, erzählte sie einmal.
Es sei ein „Kack-Job“ im Verlag gewesen, wird sie in Medienberichten zitiert. In dieser Zeit hatte sie zwar an „22 Bahnen“ geschrieben, nicht abwegig dennoch, dass nun „Die Assistentin“ vom eigenen Erleben in der Schweiz inspiriert ist.
Zwei krasse Fehlentscheidungen
Romanfigur Charlotte merkt jedenfalls schnell, dass ihr Ja zum neuen Job „eine riesengroße Fehlentscheidung“ ist. Eigentlich träumt sie davon, Musikerin zu werden. Stattdessen zieht sie von Köln nach Ismaning bei München, um als Assistentin eines prominenten Verlagschefs anzuheuern. Der entpuppt sich als Unsympath, Narzisst, ist überheblich, rechthaberisch, neurotisch, chaotisch und völlig überfordert.
Die überteuerte Miniwohnung ist Fehlentscheidung Nummer zwei. Aber nach einem Studium steht Charlotte orientierungs- und planlos da. Und ihr Vater, um dessen Bestätigung sie mit „unterschiedlichen Waffen und Strategien“ buhlt, hatte sie zur Annahme der Verlagsstelle gedrängt: „Da bist du ganz oben.“ So landet sie im Vorzimmer, zunächst mit einer weiteren neuen Assistentin, die rasch abserviert wird - wie schon viele vor ihr.
Ehrgeiz, Zähigkeit und der Wunsch, die Beste zu sein
Charlottes Ehrgeiz ist geweckt. „Sie wollte die Auserwählte sein, die mit ihm zurechtkam.“ Dafür zahlt sie einen hohen Preis - mit Arbeit bis zur totalen Erschöpfung, unterwürfigem Verhalten, sie erträgt Erniedrigungen, übergriffige Äußerungen, schmerzhafte verbale Attacken. Sie fängt ihren Chef zunächst mehr und mehr ein, erobert sein Vertrauen - mit Zähigkeit, viel Geschick und Humor. Aber der Mann wird immer boshafter.
Letztlich wird Musik zur Rettung. Sie bastelt an einem Album, spielt Keyboard, textet, singt. „Die Musik gab Charlottes sinnlosem Leben einen Sinn.“
Pulsierende Sprache und berührende Dialoge
Die Sprache in „Die Assistentin“ ist frisch, pointiert, authentisch, bildreich, kreativ. Manche Wortwechsel mit dem Ekelchef schnüren dem Leser fast die Kehle zu. Dialoge zwischen Charlotte und ihrer neuen Liebe Bo berühren hingegen.
Es gibt einige Passagen mit einer Art lautem Nachdenken: „Warum eigentlich weiter erzählen?“ Schon nach einem Drittel ihres Buches überlegt die Autorin, wie ihre Story wohl ankommt. Das wirkt mal spannungssteigernd, mal wie eine unwillkommene Unterbrechung.
Der Kern der Geschichte?
Die Autorin schreibt in ihrem Roman: In der womöglich „gar nicht so einzigartigen Geschichte“ gehe es um „die Befreiung aus dem Elternhaus und das Finden des Weges in ein selbstbestimmtes Leben.“ Und sie lässt durchblicken: Wäre die Romanfigur älter und in einer höheren Position, würde das Ganze sicher einen anderen Verlauf nehmen.
Doch so braucht es ziemlich lange, bis die Abwärtsspirale gestoppt ist. Der letzte Satz des Buches sei verraten: „Ihr geht's gut.“