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Der "Heilige Paul" huldigt dem Südstaaten-Soul

04.10.2016, 12:02
Acht Mann und ein Hund: St. Paul & The Broken Bones. Foto: David McClister
Acht Mann und ein Hund: St. Paul & The Broken Bones. Foto: David McClister dpa

Berlin - Man muss sich Paul Janeway alias St. Paul als Mixtur aus „Blues Brother” John Belushi und US-Soul-Legende Otis Redding vorstellen: Ein korpulenter Weißer singt schwarze Popmusik so perfekt, dass man den Gegensatz nur sehen, aber nicht hören kann.

Mit „Sea Of Noise” (Records/Sony), dem zweiten Album von St. Paul & The Broken Bones aus Birmingham/Alabama, fühlt sich der Hörer wieder in einen schwitzigen Rhythm'n'Blues-Club in den Südstaaten versetzt - so authentisch und „hot” ist der Sound dieser tollen Band um den völlig entfesselten Frontmann Janeway.

In 13 Liedern werden Soul, Funk, Gospel und streichergesäumte Balladen (Tipp: „I'll Be Your Woman”) zu einem Retro-Cocktail verquirlt, wie es ihn in jüngerer Zeit zwar öfter (zu oft?) gibt, aber kaum je in dieser Qualität.

Schon der noch bei einem Indie-Label erschienene Vorgänger, das Debüt „Half The City” (2014), strich hervorragende Kritiken erstaunter Soul-Kenner ein - und schaffte es in den US-Charts überraschend weit nach vorn. Mit dem Nachfolger „Sea Of Noise”, auf dem sich die Texte durchaus um anspruchsvolle Themen wie häusliche Gewalt („Tears In The Diamond”) oder Religiosität („Burning Rome”) drehen, geht der „Heilige Paul” nun mehrere Schritte weiter.

Allein das zwischen Orgel-Psychedelik und fettesten Bläsersätzen oszillierende „Sanctify” ist das Eintrittsgeld wert, erst recht diese fantastische, jeden Plagiatsvorwurf vom Tisch wischende Lead-Stimme. Apropos Eintrittsgeld: Live dürfte die achtköpfige Southern-Soul-Truppe mit ihrem Oldschool-Groove fast noch besser rüberkommen als auf Platte. Bei drei Deutschland-Konzerten Anfang 2017 gibt es Gelegenheit, dies nachzuprüfen: 17.1. Berlin, 26.1. Köln, 27.1. Hamburg. (dpa)