Debussy zum 100. Todestag - Musik als pure Emotion

Berlin - Wie kein anderer Komponist verkörperte Claude Debussy den Geist seiner Epoche. Die Musik des Franzosen ist das „pure Fleisch der Emotionen”, der hörbare Impressionismus, der mit dem genialen Tonsetzer 1918 stirbt. Mit umfangreichen Boxen glänzt Warner Classics nun zum Debussy-Jahr.
Die Musik des kreativen Franzosen (er soll sich nie wiederholt haben) lebt von Stimmungen, mit denen fast jeder etwas anfangen kann. Man kann ihn sofort erkennen, mit seinen wogenden Klangschleiern und verhuschten Ton-Tupfern. Als vieldeutig, verträumt, preziös und bizarr, als klingendes Parfüm werden seine Werke beschrieben. Und er gehört zu den am meisten gestreamten Komponisten.
Debussy ließ sich stark von den damaligen Zeitströmungen inspirieren: von Symbolisten und Präraffaeliten, von der Morbidität und Dekadenz des ausgehenden Jahrhunderts, dem „Fin de siècle”. Seine unvergleichlich sinnlichen Klangbilder wurden als fremdartig, schwebend und sphärisch wahrgenommen, ebenso wie die Bilder des Impressionismus.
Das noch junge Debussy-Jahr wird mit vielen Veröffentlichungen aufwarten, ein guter Einstieg in das umfangreiche Werk ist die 3-CD-Box „Impressions - The Sound of Debussy”, die einige Schlüsselwerke vorstellt, wie „Clair de lune”, den 3. Satz der „Suite bergamasque”, das wohl berühmteste Klavierwerk Debussys.
Weiter darauf die „Arabesques”, die auch heute noch im Klavierunterricht ihren Platz haben, und als Beispiel für die „Préludes pour piano”, zwölf wunderbare auf ihre Essenz reduzierte Stücke, „Des pas sur la neige” (Fußstapfen im Schnee).
Der Zyklus „Children's Corner” ist seiner Tochter Claude-Emma „Chouchou” gewidmet und weil Debussy vom Englischen angetan war tragen die Einzelstücke englische Titel. Mit dem Meisterwerk „Prélude à l'après-midi d'un faune” von 1894, nach einem Gedicht von Stéphane Mallarmés, schaffte Debussy den Durchburch. Große Anerkennung endlich auch bei den Musikkritikern brachten ihm die „Nocturnes”.
Ein Musterbeispiel für den musikalischen Impressionismus ist „La mer”, eine sinfonische Dichtung die gut 23 Minuten dauert und Debussys aufrichtige Leidenschaft für die See widerspiegelt.
„Impressions” kann man aber auch als Appetizer für die wesentlich umfangreichere Sammlung „The Complete Works” sehen, eine opulente Box mit 33 Compact Discs und einem umfangreichen Booklet, durch die man zum Debussy-Conaisseur wird.
Bei der Gesamteinspielung, und nur die Box aus dem Hause Warner verdient diese Bezeichnung zu recht, präsentieren überwiegend französische Interpreten auch eine Reihe von Welt-Ersteinspielungen und Debussy-Bearbeitungen fremder Werke. Orchester- und Klaviermusik, Kammermusik, Lieder und Bühnenwerke, die nicht zuletzt aus editorischen Gründen Referenzcharakter haben. Darunter die erste und einzige Aufnahme des Bühnenwerks „Le Martyre de Saint Sébastien” und Debussys einzige Einspielung als Pianist bei einem Lied im Jahre 1904.
Debussy wollte zuallererst ein französischer Tonsetzer sein, der sich schlicht als „Musicien francais” bezeichnete, und diese zwei Worte stehen auch auf seinem Grabstein auf dem Friedhof von Passy. Gestorben ist er am 25. März 1918 noch während des ersten Weltkrieges, als Paris unter schwerem Beschuss stand. Dietrich Fischer-Dieskau schrieb dazu: „Welch Ironie des Schicksals, dass ein die Stille so innig liebender Musiker wie Debussy unter dem Krachen von Artilleriefeuer bestattet wurde!” (dpa)