Comedy Comedy: «Ich darf das, ich bin Jude»

Berlin/dpa. - Und tatsächlich blöken dieZuschauer auf Kommando brav mit, das Lachen bleibt einem etwas imHalse stecken. Polak, aufgewachsen in einer jüdischen Familie in derniedersächsischen Provinz und ehemaliger Moderator bei Viva und RTL,macht derzeit mit jüdischer Comedy Karriere. Passend dazu hat der 32Jahre alte Wahl-Berliner ein autobiografisches Buch geschrieben. «Ichdarf das, ich bin Jude» (Kiepenheuer & Witsch) heißt es, eine Art«Generation Golf» auf jüdisch.
In USA gibt es den großen Woody Allen und die gefeierteKomödiantin Sarah Silverman, im deutschen Film pflegt der SchweizerRegisseur Dani Levy («Mein Führer») die Tradition des jüdischenHumors. In Deutschland hat Polak die Nische im Comedyfach entdeckt -schwarzhumorig, selbstironisch, manchmal etwas derbe. Der Tonrangiert irgendwo zwischen seinem Unterstützer Maxim Biller undFernsehcomedy wie bei Stefan Raab, bei dem Polak ein Praktikumabsolvierte.
Polaks dunkles Haar türmt sich auf dem Kopf, er trägt Jogging-Hosen und Kapuzenpulli. Auf dem Buchcover posiert er mit einemSchäferhund samtDavid-Stern. Im Vorwort plädiert er auf seine Weise für einenunverkrampften Umgang mit der Nazi-Zeit: «Wie lange ist diese dummeGeschichte jetzt her? Über 60 Jahre, oder? Treffen wir doch für dieDauer der Lektüre folgende Vereinbarung: Ich vergesse die Sache mitdem Holocaust - und Sie verzeihen uns Michel Friedman.»
Wenn Polak schlecht drauf ist, liest er gern diePressemitteilungen des Zentralrats der Juden in Deutschland, steht inseinem Buch. «Und dann geht es mir gleich besser, weil ich sehe, dassich im Vergleich doch gar nicht so mies drauf bin.» Polak sieht denTabubruch nicht als Selbstzweck: «Ich bin überhaupt kein Typ, derdenkt, jetzt muss man mal provozieren, um des Provozierens Willen»,sagt er im dpa-Gespräch. Er will auch nicht den Maßstab desZulässigen bestimmen. «Ich kann nicht für "man" sprechen, ich kannfür mich sprechen.»
Polaks Kurzmemoiren, die er gemeinsam mit Autor Jens Oliver Haasverfasst hat, lesen sich in einem Rutsch durch. Sie sind lockergeschrieben und würden sich auch zur Entkrampfung des Themas imUnterricht für Schüler eignen, die sonst lieber MTV gucken als einBuch zu lesen. Man erfährt etwa, wie der kleine Oliver in dereinzigen jüdischen Familie im Umkreis von 36 Kilometern in Papenburgaufwuchs, was es heißt, eine jüdische (Über-)Mutter zu haben und miteinem Vater gesegnet zu sein, der Schüttelreime liebt und mit 80 nochHosenträger mit Comic-Motiven trägt.
Derzeit arbeitet Polak an seinem ersten kompletten Bühnenprogramm,das im Frühsommer Premiere feiern soll. Außerdem ist eine Lesereiseim Frühjahr mit dazugehörigem Hörbuch geplant. Auch an einem zweitenBuch sitzt Polak bereits. Der Arbeitstitel: «Thora reloaded».