Bücher und Filme Bücher und Filme: Wie viel Krimi steckt in Sachsen-Anhalt?

Halle (Saale) - Lagen die Ursprünge von Kriminalgeschichten noch im Roman und Groschenheft, sind Krimis mittlerweile in allen Medien zu finden, vom Fernsehen über den Film bis hin zu Manga, Comic, Krimi-Dinner und jeder Menge Gadgets. Der Krimi ist in und inzwischen auch hochwertig.
Dabei hat bei Filmen und Büchern die Regionalisierung in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Auch in Sachsen-Anhalt ist der Krimi zu Hause und hat sich in vielfältigen Ausprägungen über das Land der Frühaufsteher verteilt. Eine Vielzahl von Autoren findet hier den Schauplatz ihrer Geschichten, wobei nicht alle Geschichten als Regionalkrimis bezeichnet werden können.
„Weil einem die Orte bekannt sind“
Im Fernsehen ist Sachsen-Anhalt inzwischen gut aufgestellt, auch wenn mit der Verabschiedung der Polizeiruf 110-Kommissare Schneider und Schmücke eine 17-jährige Epoche mit 50 Fällen aus Halle im vergangenen Jahr zu Ende ging. Die Trauer war groß. Aber nur in Halle.
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Der hallesche Krimiautor Stefan Maelck bezweifelte in einem Autoren-Streitgespräch 2013 ohnehin, dass so ein Film Außenwirkung für die Stadt hat. „Jemand in München nimmt die Kulissen doch nicht als Halle wahr und sagt, „ach, schön da, da müssen wir auch mal hinfahren“. Wobei Lokalkolorit meistens ja ohnehin nur aus einem Schwenk über den Marktplatz bestand. Nein, das ist eine Illusion.“ Autor Stephan Ludwig meint dagegen, dass man das gerne schaut, „weil einem die Orte bekannt sind. Man denkt: Mensch, da warst Du erst letzte Woche und jetzt kommt das im Fernsehen, toll.“
An die Stelle des halleschen Polizeirufs rutschte ein neues Ermittlerteam, welches nun seit 2013 in der Landeshauptstadt Magdeburg auf Verbrecherjagd geht und am 9. November in der ARD seinen dritten Fall zu lösen hat. Hinzu kommen Ludwigs Zorn-Thriller, die in Halle spielen, auch wenn dies nie gesagt. Der zweite Teil wird gerade in Halle gedreht und wird 2015 in der ARD ausgestrahlt, weitere Teile könnten folgen.
Spartenprogramm aus Würchwitz
Ein echtes Spartenprogramm ist dagegen die Würchwitzer Olsenbande. 2006 erschien ihr erster kleiner Film und wurde zum regionalen Erfolg. „Vom Erfolg des Films zum Kleefest 2006 waren wir völlig überrascht. Der Spaß den wir bei den Dreharbeiten hatten und die Freude, die wir unserem Publikum bereiten konnten, waren der Anlass die Würchwitzer Bande weitere Abenteuer erleben zu lassen.“ Inzwischen sind vier Filme entstanden und die Dreharbeiten zum fünften Fall laufen. Mit dabei der Ex-Polizeirufkommissar Schmücke, alias Jaecki Schwarz.
Auch die Krimibuchlandschaft in Sachsen-Anhalt ist bunt. Neben den Hallensern Ludwig, aktuell seinen vierten Zorn-Roman veröffentlicht hat, und Maelck hält vor allem der Hallenser Peter Godazgar die Fahnen des Landes in der bundesweiten Krimilandschaft hoch. So engagiert er sich in Krimiforen und auf vielen Lesungen und Festivals rund um das kriminelle Genre. Seit 2014 ist er sogar im Sprechervorstand des deutschsprachigen Krimiautorenverbandes "Das Syndikat" und setzt sich dort für die deutsche Kriminalliteratur ein.
„Akzeptanz ist mittlerweile erreicht“
„Den Krimiboom gibt es seit zwei Jahrzehnten und die Akzeptanz ist mittlerweile klar erreicht“, sagt Godazgar angesichts von fast 4000 Krimineuerscheinungen jährlich. Jedoch sieht er in Sachsen-Anhalt auch noch mehr Potenzial. „Die Eifel und die Nordsee müssten aufgrund ihrer massenhaften Krimis fast schon entvölkert sein, soviel wird dort gemordet. Da hat das Land der Frühaufsteher noch Nachholbedarf.“ Laut Godazgar wird in diesen Regionen aber auch von Landesseite marketingmäßig verstärkt auf den Krimi gesetzt. „Eine spannende Möglichkeit für strukturschwache Regionen.“
In seinem Buch „Ruhe sanft in Sachsen-Anhalt – Kurzkrimis aus dem Land der Frühaufsteher“ ließ er 24 namhafte Krimiautoren und einige Neulinge auf dem Gebiet des Auftragsmords kurze Kriminalgeschichten zwischen Halle und Magdeburg, Arendsee und Merseburg, Quedlinburg und Köthen schreiben. Zudem hat er bereits drei Halle-Krimis („Unter Schweinen“, „Unter freiem Himmel“, „Unter schrägen Vögeln“) veröffentlicht.
Halle als Zentrum
Halle ist das Zentrum des literarischen Verbrechens in Sachsen-Anhalt, mit vier auch über die Region heraus bekannten Autoren. Hier zählt auch Bernhard Spring (u.a. „Fliederbordell“, „Männerblues“) dazu. Zahlreiche Bücher realer historischer Kriminalfälle aus der Region veröffentlichte Bernd Kaufholz (z.B. „Die Arsen-Hexe von Stendal“, „Der Amokschütze aus der Börde“, „Tod unterm Hexentanzplatz“) sowie Ilka Stitz („Harzblut“). Zudem gibt es viel weitere Autoren, die das mörderische Geschehen in ihrer Region spielen lassen. Hier sind u.a. Simon Titus in Magdeburg („Absturz der Hütchenspieler“, „Drei Tote für Benni“, Heike Schroll („Blutbuchen – ein Altmarkkrimi“), Nete Seewald („Tückische Idylle“ zwischen Elbe und Harz) oder Reinhard Wahren („Tod in Stassfurt“) zu nennen.
Eine Besonderheit stellt das Buch von Silvija Hinzmann und Ruth Borcherding-Witzke „Blasenwurst und tote Oma: 16 Kulinarische Kurzkrimis mit Rezepten aus Sachsen-Anhalt“ dar, welches neben dem kriminellen Geschehen auch Einblicke in die regionale Küche bietet. (mz)

