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Essay Kaiserin Maria Theresia - ihrer Zeit voraus

Elisabeth Badinter ist Frankreichs Starphilosophin. Sie schreibt über Frauen. Besonders fasziniert hat sie die legendäre Kaiserin Maria Theresia und ihre Rolle als 16-fache Mutter.

Von dpa Aktualisiert: 07.03.2023, 15:19
Das Cover des Buches „"Macht und Ohnmacht einer Mutter. Kaiserin Maria Theresia und ihre Kinder“ von Elisabeth Badinter.
Das Cover des Buches „"Macht und Ohnmacht einer Mutter. Kaiserin Maria Theresia und ihre Kinder“ von Elisabeth Badinter. -/Paul Zsolnay Verlag/Hanser/dpa

Paris - In „Maria Theresia. Die Macht der Frau“ hat die französische Philosophin Elisabeth Badinter das Porträt der österreichischen Kaiserin als einzigartige Herrscherin gezeichnet. Mitte des 18. Jahrhunderts regierte diese die Habsburgermonarchie 40 Jahre lang. In „Macht und Ohnmacht einer Mutter“ analysiert die feministische Historikerin nun Maria Theresia in ihrer Rolle als 16-fache Mutter - und schreibt ihr die Erfindung der modernen Mutterschaft zu.

„Sie konnte 15 Stunden am Tag arbeiten, führte zwei siebenjährige Kriege, sie reformierte das Imperium gründlich und brachte 16 Kinder in 19 Jahren zur Welt. Ich fragte mich, wie diese Frau auch noch die Kinder großziehen konnte,“ beschreibt die 78-jährige Autorin ihre Faszination für die Herrscherin. Eine „Working Mom“ also, aber nicht nur. Vor allem sei sie eine fürsorgliche Mutter gewesen, was damals für ihre Zeit und ihr gesellschaftliches Milieu ungewöhnlich war, so erstaunlich das heute klingen mag.

Für Badinter läutete Maria Theresia eine neue Form der Mutterschaft ein. Sie beschreibt familiäre Intimität, persönliche Betreuung im Krankheitsfall, Tränen über den Tod eines Kindes und das Bewusstsein Maria Theresias über ihre Verantwortung als Mutter.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts galt noch das Prinzip der repressiven Erziehung. Angst vor Krankheit oder Schmerz über den Verlust von Kindern zu zeigen, war nicht üblich. Von ihren 16 Kindern erreichten zehn das Erwachsenenalter. Wie Maria Theresia selber sagte, erlebte sie jedes Mal „Todesängste“, jeder Tod war für sie eine Katastrophe.

Als größten Kontrast zu Maria Theresia führt Badinter die französische Königin Maria Leszczyńska an. Ihre vier jüngsten Töchter wurden im Alter von fünf, vier, zwei und elf Monaten in ein Kloster geschickt. In den über zehn Jahren, in denen sie dort lebten, hatte sie sie nie besucht. Auch nicht, als eine von ihnen starb.

Porträt einer modernen Mutter

Wie hat Maria Theresia ihre Kinder erzogen? Wie hat sie sich mit jedem von ihnen verhalten? Welche Konflikte gab es zwischen der Mutter und der Kaiserin?

Fragen, aus denen ein detaillierter Essay entstanden ist. Darin hat Badinter nicht nur das Porträt von Maria Theresia als moderne Mutter entworfen, sondern auch eine einzigartige Studie über die Charaktere ihrer Familie, Rivalitäten und die Sitten ihres Milieus.

- Elisabeth Badinter: Macht und Ohnmacht einer Mutter. Kaiserin Maria Theresia und ihre Kinder. Aus dem Französischen von Stephanie Singh, 208 Seiten, 26 Euro, Paul Zsolnay Verlag, Wien, ISBN 978-3-552-07344-9.