Bremen Bremen: Weltweit erstes «Festival der Sprachen»

Bremen/ddp. - Die Holzklötzer sollen dann mit dem Namen einer Sprachebeschriftet und auf dem Platz vor dem Universum zu einer sechs Meterhohen Pyramide aufgetürmt werden, wie Thomas Stolz vom Institut fürallgemeine und angewandte Sprachwissenschaft an der Uni Bremen sagt.Jeder Holzstein stehe symbolisch für eine der 6500 Sprachen auf derWelt.
Das 21-tägige Sprachen-Festival bietet mehr als 100 Events an denverschiedensten Schauplätzen wie der Uni, dem Übersee-Museum oder derVolkshochschule. «Wir richten uns mit einer Reihe von Vorträgen andas Fachpublikum, wollen aber vor allem auch die breiteÖffentlichkeit ansprechen», sagt Festivalorganisator undSprachwissenschaftler Stolz. Wer beispielsweise immer schon malJapanisch, Galizisch oder Katalanisch lernen wollte, der sollteunbedingt einen der angebotenen Schnupperkurse besuchen. Darüberhinaus gibt es Theater-, Musik- und Literaturveranstaltungen,Workshops und sogar einen Ball der Sprachen.
«Von den weltweit 6500 Sprachen kennen wir vielleicht 15 Prozenteinigermaßen gut», sagt der Sprachwissenschaftler. Selbst unsereeigene Sprache sei nicht in «all ihren Facetten» abschließendbeschrieben. «Deutsch als Muttersprache sprechen 100 MillionenMenschen», weiß Stolz. Damit stelle das Deutsche innerhalb der EU dieSprache mit den meisten Muttersprachlern. Global gesehen belege esaber nur den 10. Rang. Die meisten Muttersprachler habe Chinesischmit über einer Milliarde Menschen, gefolgt von Englisch (350Millionen) und Spanisch (250 Millionen).
«Ohne Sprache funktioniert nichts», ist Stolz überzeugt undvergleicht das Sprechen mit dem Atmen: «Wir tun es einfach, ohnedarüber nachzudenken.» Doch die sprachliche Vielfalt sei gefährdet.«Experten schätzen, dass innerhalb der nächsten drei Generationen 60bis 90 Prozent aller gegenwärtig auf der Welt gesprochenen Sprachenaussterben», sagt der Festivalorganisator. «Damit gehen Bausteine deskulturellen Mosaiks der Welt verloren.» Als «akut bedroht» bezeichnetStolz beispielsweise Chamorro, das auf Guam gesprochen wird. «Diejüngeren Einwohner lernen stattdessen Englisch», weiß der engagierteSprachwissenschaftler, der auf der größten Insel der Marianengruppeim westpazifischen Ozean Feldforschung betrieben hat.
«Die Idee der «Sprachenpyramide» ist angelehnt an den biblischenTurmbau zu Babel», erklärt Stolz' Institutskollege und MitorganisatorHans Krings. «Nur, dass unsere Pyramide ein Symbol für dasMiteinander der Sprachen und Kulturen sein soll, und nicht für dasScheitern menschlicher Mehrsprachigkeit.» Deshalb werde esbeispielsweise auch keinen «letzten Stein» geben. «Ein letzter Steinwäre politisch inkorrekt, weil ihm zwangsläufig eine Bedeutungzukäme», erläutert Sprachwissenschaftler Krings. Sprachen seienjedoch «gleichwertig, wie die Menschen, die sie sprechen.»
Krings ist «Bauherr» der Pyramide. Zusammen mit einem Statikbüroerarbeitete er die Pläne und stellte den Bauantrag. Dabei musstenauch diverse Sicherheitsvorschriften beachtet werden wiebeispielsweise die, «dass sich selbst bei Windstärke neun keiner derHolzklötze oder eine der 13 000 Schrauben lösen kann.» Die «heiße»Bauphase beginnt nach Angaben von Krings am 21. September und dauertgut eine Woche.
Auf einer Unterkonstruktion beginnen Jugendliche vom TechnischenHilfswerk zunächst mit dem Auftürmen der Quader. Weiter obenvollenden Sportkletterer an einem Kran hängend das Bauwerk. DieFertigstellung soll am 29. September mit allen Interessierten großgefeiert werden.
Die «Sprachenpyramide» soll über das Festival hinaus bis zum 18.Oktober vor dem Universum stehenbleiben. Dann wird sie abgebaut.Zumindest vorübergehend. «Ich könnte mir vorstellen, dass dasMonument auch touristisch interessant sein könnte», sagt Stolz.