Brandenburg Brandenburg: Über drei Etagen Kunst

Beeskow/dpa. - Das Kunstarchiv Beeskow(Oder-Spree) beherbergt eine bizarre Sammlung: Etwa 25 000 bis 26 000Kunstwerke aus der DDR, die einst Staatsorganen, Parteien undMassenorganisationen gehörten. Die Arbeiten entstanden im Auftragoder Wettbewerb, wurden angekauft oder verschenkt. Nun lagert dieSammlung seit Jahren in einem dreistöckigen Depot an der Spree.Regelmäßig organisiert das Archiv mit Partnern Wanderausstellungen.
«Unsere Hauptaufgabe besteht darin, den Bestand zu pflegen,wissenschaftlich aufzuarbeiten und komplett zu inventarisieren»,berichtet Wolfgang de Bruyn. Der Kulturamtsleiter des LandkreisesOder-Spree ist auch für diese Sammlung zuständig, die der letzte DDR-Kulturminister Herbert Schirmer nach der Wende in Beeskowzusammentrug. «Der Bestand der Gemälde ist aufgearbeitet», sagt deBruyn. Eine erste CD-ROM liege vor, auf der 1556 Gemälde verzeichnetseien. An die 10 000 grafische Blätter wurden bereits in die Dateiaufgenommen, fotografiert, beschriftet.
Ein Vertrag zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin sowie demLandkreis regelt seit Ende 2002 den Umgang mit den Grafiken,Gemälden, Plastiken und Fotografien. Beide Länder geben jährlich je53 700 Euro. Mecklenburg-Vorpommern steuert 5000 Euro für Projektebei. Damit solle die Kunst erschlossen, das Archiv der Öffentlichkeitzugänglich gemacht werden, erläutert de Bruyn. In regelmäßigenAbständen würden Werke ausgestellt. Das Archiv kooperiere mitähnlichen, kleineren Sammlungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen und arbeite auch mit Studenten der Universität Greifswald(Mecklenburg-Vorpommern) zusammen.
Ausstellungen befassten sich unter anderem mit der Landwirtschaftin der Malerei der DDR oder zeigten Landschaftsbilder unter dem Titel«Zwischen Himmel und Erde». Allein zu dieser Schau kamen über 300 000Besucher, wie de Bruyn sagt. «Das war ein großer Erfolg.» Bei Findungund Auswahl von Themen würden Kuratorium und Fachbeirat helfen.Dennoch sei eine Ausstellung auch immer eine Gratwanderung. «Es kommtdarauf an, wie die Werke präsentiert werden.» Es gelte, Hintergründezu erfragen und auch darüber zu diskutieren. Für 2007 sei eineAusstellung zur sozialen Künstlerförderung in Ost und West geplant.
Das Verständnis für DDR-Kunst ist über die Jahre gewachsen, hat deBruyns Mitarbeiterin Kristina Geisler beobachtet. «Das war Anfang der1990 Jahre noch nicht so», sagt sie. Das Archiv werde immer wiedernach bestimmten Bildern gefragt, ganz häufig nach dem legendären«Paar am Strand» von Walter Womacka. «Das ist aber nicht hier.» VonWomacka befinden sich die großflächigen Stadtansichten von Berlin undMoskau im Bestand, die Ende der 1980er Jahre gemalt wurden.
Obwohl die politische Wende lange zurückliegt, gibt es nochKunstbestände aus der Zeit vor 1989, deren Verwaltung noch nichtendgültig geklärt ist. So verhandelt das Kunstarchiv, das sich ineinem alten Speicher nahe der Spree befindet, derzeit mit der Bundes-Treuhand über die Kunstwerke aus dem DDR-Außenministerium. «In denVerhandlungen geht es um Konditionen, wie die Finanzierung vonErhaltung, Sicherung und Versicherung der rund 500 Kunstwerke», sagtde Bruyn. Er schätzt diese Sammlung als besonders interessant ein undhat ein mögliches Ausstellungsthema vor Augen; einen Vergleich, wassich Beamte aus Ost und West in ihre Botschaftsräume hängten.
Immer wieder zieht es Wissenschaftler in das äußerlich eherunscheinbare Kunstdepot nach Beeskow, südöstlich von Berlin. So gingProfessor Jonathan Osmond aus Wales der Darstellung der Agrarpolitikin der bildenden Kunst nach, wie Geisler berichtet. Ein Student ausParis interessierte sich für den Bauernkrieg, zu dem etliche Grafikenim Kunstarchiv lagern.