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Berlins Sommersound: Culcha Candela und Ohrbooten

Von Matthias von Viereck 01.09.2009, 08:54

Berlin/dpa. - Berlin ­ Längst sind es nicht mehr nur Seeed und Peter Fox, die in Sachen Reggae-infiziertem Pop in Berlin den Ton angeben. Auch Culcha Candela und die Ohrbooten sorgen mit einem bunten Genre-Mix, der auch Rap-, Jazz- und Rock-Elemente beinhaltet, für gute Laune.

Während die Ohrbooten (Hits wie «An Alle Ladies») vier Mitglieder zählen, handelt es sich bei Culcha Candela («Hamma!») um ein siebenköpfiges Gespann. Mit den jetzt erschienenen neuen Alben («Schöne Neue Welt» von Culcha und «Gyp Hop» von den Ohrbooten) könnten beide endgültig aus dem Schatten von Seeed heraustreten.

Kein Problem haben die Bands damit, in einem Atemzug genannt zu werden: «Deutschsprachig und ein ähnlicher Stil, ist ja klar, das Vergleiche kommen», sagt etwa Noodt von den Ohrbooten der Deutschen Presse-Agentur dpa. Bandkollege Matze betont, dass die Ohrbooten mehr «Live-Band» seien als Culcha Candela. Auch bei den neuen CDs sieht man Unterschiede: «Culchas Platte geht in eine andere Richtung.» Groß sind die Differenzen freilich nicht: Sowohl Ohrbooten, die ihren Sound als «Gyp Hop» bezeichnen, als auch Culcha Candela setzen auf heitere Texte, tanzbare Beats, flotte Raps aber auch nachdenkliche Stücke. Dass beide Alben am selben Tag erschienen sind, sorgt kaum für Unruhe: Mr. Reedoo von Culcha Candela erklärt: «Mir egal, wir wissen, was wir an unserem Album haben.»

Ohnehin sind es vor allem Konzerte, die den Berlinern am Herzen liegen. Heute bringe das Live-Geschäft am meisten Geld, erklärt Itchyban (Culcha) und fügt hinzu: «Das Gefühl, bei einem Konzert emotionalisiert zu werden, kann man nicht aus dem Internet saugen.» Bandkumpel Mr. Reedoo schwärmt vom «Energieaustausch zwischen Bühne und Publikum.» Matze von den Ohrbooten, deren Karriere auf den Straßen Berlins begann, berichtet: «Von den Verkäufen der ersten beiden Platten hätten wir nicht leben können.» Man solle sich nicht darüber aufregen, dass Fans Musik runterladen. «Wichtig ist, dass sie sich verbreitet, Live-Musik wird immer da sein.»

Die Ohrbooten musizieren meist vor deutschen Fans. Es gebe aber auch Anhänger, «die kein Wort von dem verstehen, was wir singen», erklärt Noodt. Das «Aufwärm-Training» zur neuen CD verschlug die Band nach Marokko, wo man auf einem Markt in Marrakesch spielte. «Die Leute haben mitgesungen, obwohl sie kaum die Silben wiedergeben konnten.»

Culcha Candela zieht es öfter ins Ausland, was daran liegt, dass man auch auf Spanisch und Englisch rappt. Die Wurzeln der Band reichen von Kolumbien über Korea und Uganda bis nach Polen. In jedem der Länder möchte man einmal auftreten. Culchas Larsito berichtet: «Uganda und Korea fehlen noch, aber man munkelt, dass wir bald nach Asien fliegen.» Weit geht die Leidenschaft fürs Live-Spielen bei beiden Bands. Bei Itchyban gar so weit, dass er erklärt: «Ich würd' Culcha gegen keine Beziehung tauschen. Auf Tour sein, find' ich geiler.»

An Selbstvertrauen mangelt es den Hauptstädtern nicht: «Berlin ist in der deutschen Musik-Szene tonangebend», konstatiert Itchyban und verweist auf Infrastruktur und Lebenshaltungskosten. In Berlin gebe es die meisten «Musik verarbeitenden Betriebe und Talente wie Peter Fox oder Die Ärzte». Dementsprechend groß sei die Konkurrenz. «Die oberen Chart-Positionen werden unter Berlinern verteilt.»

«Berlin ist ein Musikernest», sagt Culchas Mr. Reedoo: «Wenn man sonntags im Görlitzer Park in Kreuzberg spazieren geht, sieht man die Hälfte von Seeed, die Ohrbooten und Culcha, dazu Sido beim Kaffee trinken.» Die Medien würden ihnen «ein Konkurrenzdenken andichten». Man bewege sich aber, so Mr. Reedoo, «im gleichen Becken. Wir sind junge Menschen, die Bock auf Musik haben und nicht konformgehen, mit dem, was in der Gesellschaft normal ist. Das verbindet».

Auch Matze von den Ohrbooten sieht das Verbindende: «Ich hab' mit Musik begonnen, um etwas mit Leuten zu teilen, nicht der Konkurrenz wegen.» Dass beide Bands ihren energetischen Sound nun wieder mit den Fans teilen, dürfte für Freude sorgen. Nicht nur in Berlin.

www.culchacandela.de

www.ohrbooten.de (dpa)