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Berlinale Berlinale: Deutscher «Sturm» überzeugt

Von Elke Vogel 07.02.2009, 18:08
Stephen Dillane und Kerry Fox in dem Film «Sturm» von Hans-Christian Schmid. Der Film läuft im Rahmen der 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin in der Sektion «Wettbewerb». (FOTO: DDP)
Stephen Dillane und Kerry Fox in dem Film «Sturm» von Hans-Christian Schmid. Der Film läuft im Rahmen der 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin in der Sektion «Wettbewerb». (FOTO: DDP) Berlinale

Berlin/dpa. - Der Regisseur von Werken wie «Requiem», «Crazy» und «Lichter» erzähltin seinem Thriller von der schwierigen juristischen Aufarbeitung derKriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien. Das Publikum imBerlinale-Palast nahm den mit internationaler Besetzung gedrehtenFilm in einer ersten Pressevorstellung am Samstag mit starkem Beifallauf.

Die Neuseeländerin Kerry Fox spielt Hannah Mayard, eine Anklägerinam Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Sie schafft es, eine inBerlin lebende Bosnierin (Anamaria Marinca) davon zu überzeugen, dasssie vor dem Gericht gegen einen mutmaßlichen serbischenKriegsverbrecher aussagt. Er hat den Befehl fürMassenvergewaltigungen und Erschießungen von geschändeten Frauengegeben.

Kurz vor der entscheidenden Verhandlung gegen den früherenBefehlshaber der jugoslawischen Volksarmee merkt die Juristin Mayard,dass ihre Gegner nicht nur auf der Anklagebank sitzen. Auch in derRichterschaft scheint nicht jedem daran gelegen zu sein, die wahrenVerbrechen in all ihrem Ausmaß aufzudecken - und EU-Politikern istdaran gelegen, die Aufnahmeverhandlungen mit Bosnien nicht zusätzlichzu erschweren.

Sein Film sei als Plädoyer für die Arbeit des UN-Tribunals zuverstehen, sagte Schmid. «Wir kritisieren, dass das Gericht so unterZeitdruck steht.» Der Regisseur forderte eine Verlängerung desTribunals über das Jahr 2010 hinaus. «Der Zeitdruck ist vor allem fürdie Zeugen sehr belastend.» Bei der Recherche für den Film hätten erund Drehbuchautor Bernd Lange mit Richtern in Den Haag gesprochen.

Schmid erzählt die fiktive Geschichte chronologisch, gibt ihr miteiner bestimmten Stilform aber sehr viel Dynamik: «Der ganze Film istmehr oder weniger mit Handkamera gedreht», erklärte Schmid. Er habedamit den Darstellern den Spielraum geben wollen, sich so freiwie möglich zu bewegen. Gedreht wurde in englischer Sprache. In derRolle eines EU-Beamten ist auch der schwedische Schauspieler RolfLassgard zu sehen, der in Deutschland wegen seiner Darstellung desKommissars Wallander populär ist.

Fox sagte, sie habe erfahren wollen, was der Antrieb fürMenschenrechts-Anwälte ist. Sie beeindruckte das Berlinale-Publikumbereits im Jahr 2001 in Patrice Chéreaus Erotik-Drama «Intimacy», dasdamals den Goldenen Bären gewann. Auch Schmid ist regelmäßigerBerlinale-Gast. Im offiziellen Wettbewerb der InternationalenFilmfestspiele Berlin war er bereits2006 mit dem Exorzismus-Drama«Requiem» und 2003 mit dem im deutsch-polnischen Grenzgebietspielenden Werk «Lichter» vertreten.

Bei der Berlinale 2009 (bis 15.2.) ist der aus Bayern stammendeRegisseur mit einem weiteren Film dabei: Im Forum zeigt er denDokumentarfilm «Die wundersame Welt der Waschkraft». Darin folgtSchmid dem Weg der Schmutzwäsche von Berliner Hotelzimmern in einepolnische Großwäscherei und lässt die Menschen zu Wort kommen, durchderen Hände sie geht.

Neben Schmid ist eine weitere deutsche Regisseurin im Wettbewerbvertreten: Maren Ade («Der Wald vor lauter Bäumen») zeigt am Montag(9.2.) die tragikomische Beziehungsgeschichte «Alle anderen».Birgit Minichmayr und Lars Eidinger spielen darin ein ungleichesPaar, das sich in einem Sardinien-Urlaub mit sich selbst quält.Insgesamt sind deutsche Filme auf der diesjährigen Berlinale in denverschiedenen Festivalreihen so stark vertreten wie nie zuvor. Vonden knapp 400 Regiearbeiten aus aller Welt sind 90 Streifen deutscheFilme oder deutsche Koproduktionen.