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Berlin Berlin: Wer braucht altes Inventar aus dem Palast der Republik?

Von Maren Martell 25.04.2006, 06:20
Ladeninhaber Denny Munter steht vor Kisten mit Original-Porzellan aus dem Palast der Republik in einem Antiquitätenladen in Berlin. (Foto: dpa)
Ladeninhaber Denny Munter steht vor Kisten mit Original-Porzellan aus dem Palast der Republik in einem Antiquitätenladen in Berlin. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Auf dem Kurfürstendamm verkauft ein Antikladen Restbestände des Original-Porzellans aus dem DDR-Prestigebau. Der Senat gibt die Kupferfarben schimmernden Außenscheiben an Künstler und Museen ab. Im Internet ist viel «Palastkitsch» zu finden. Und in einer alten Militärkaserne in Spandau lagern noch Hunderte von Einzelstücken des einstigen Palastinventars - vom Volkskammerstuhl bis zum Klo-Rollenhalter.

Suppenteller, Kaffeekannen und Mokkatässchen aus dem Sortiment desweißen Staatsratsporzellans mit echtem Goldrand und PdR-Signum hatAntiquitätenhändler Denny Munter am Ku'damm zu bieten: «Ich habeeinen Restbestand von gut 20 000 Teilen.» In den vergangenen Wochenhabe es vermehrt Anfragen nach dem Geschirr gegeben, aus dem einstHonecker und Co. speisten. Eine kleine Untertasse ist für 50 Cent zuhaben, das Mokkatässchen kostet 39 Euro. Außerdem verkauft MunterOriginalarbeitshosen aus blauer Baumwolle mit eingesticktenPalast-Initialen.

1996 hatte der Berliner das gesamte Porzellaninventar aus demdamals schon wegen Asbestverseuchung geschlossenen Palast derRepublik von einem Hamburger aufgekauft. Dieser hatte den Funduszuvor ersteigert. Ursprünglich waren es 3,5 Millionen Einzelteile.Darüber hinaus übernahm Munter Lampen, Gläser, Besteck, Tischdeckenund Arbeitskleidung. Sammler aus der ganzen Welt kauften dasGeschirr, das aus allen Restaurants des «Palazzo Prozzo» stammt.«Die Käufer kamen sogar aus Australien, Japan und den USA», berichtetder 58-jährige.

Die braun getönten Außenscheiben des mittlerweile völligausgeweideten Stahl- und Betonkolosses gibt die Senatsbauverwaltungkostenlos für nicht-kommerzielle, künstlerische oder gemeinnützigeZwecke ab. «Wir sammeln noch die Anfragen», sagt Sprecherin ManuelaDamianakis. Jeden Tag meldeten sich Interessenten. Museen,Architekten und Privatpersonen würden die 290 Kilogramm schwerenDoppelglasscheiben weiternutzen wollen. Ursprünglich sollte das Glasauf Deponien entsorgt werden.

Bis Juni lagern die rund 3000 Scheiben noch an der Baustelle derPalastruine. Sie können nicht zerteilt und nur mit einem Kranverladen werden. Anfragen gibt es auch für andere Reste desPalastes, in dem einst die DDR-Volkskammer tagte. So gehen dieGranitplatten der Eingangsstufen vor dem Gebäude an einJugendprojekt in Berlin-Mitte. Sie sollen für den Bau einerSkaterbahn verwendet werden. Den rostigen Stahlrahmen, der einst ander Palastvorderseite das Hammer- und Zirkel-Ährenkranzwappen der DDRhielt, bekommt das Deutsche Historische Museum in Berlin. Dort wirddie gut vier Meter große Halterung wohl erstmal ins Depot wandern,das Emblem selbst ist schon seit 1990 im Haus der Geschichte in Bonn.

Viel Inventar lagert noch in einer ehemals britischen Kaserne inSpandau. Mit Beginn der Asbestsanierung wurde es dorthin verfrachtet.«Ursprünglich sollte von allem zumindest ein Stück aufbewahrt werden,für den Fall des Wiederaufbaus», sagt Uwe Hacker von derBundesanstalt für Immobilienaufgaben. Was mit den Stühlen,Teppichstücken und diversen Schildern - unter anderem das «Applaus-Schild» aus der Volksammer - passieren wird, ist immer noch nichtentschieden. «Ein Verkauf wäre jetzt sicher günstig», betont Hacker.

Über das Internetauktionshaus ebay werden Palastlampen,Schreibblöcke und Teller versteigert. Der 1976 errichtete Palast war1990 wegen Asbestverseuchung geschlossen worden. Die Abrissarbeitendauern noch bis Ostern 2007. Derzeit werden unter anderem in dieBetonwanne mit den Kellerräumen rund 200 000 Tonnen Sand mit Wassergespült. Dadurch soll das Areal seine Stabilität bewahren, damit derbenachbarte Berlin Dom nicht absackt. Schaulustige können dieAbrissarbeiten seit Anfang April von einer drei Meter hohenAussichtsplattform verfolgen.