Berlin Berlin: Nikolaikirche wird wieder eröffnet

Berlin/ddp. - Der Zustand der Nikolaikirche war miserabel.Bodenkacheln waren zerbrochen, von den Wänden bröckelte der Putz, unddie hohe Gewölbedecke hatte tiefe Risse. Zwei Jahre lang wurde dasälteste erhaltene Bauwerk Berlins, dessen Ursprung bis in dieGründungszeit der Stadt zurückreicht, umfangreich saniert und rundumneu gestaltet. Mit einem Festakt wird der Regierende BürgermeisterKlaus Wowereit (SPD) die 800 Jahre alte Nikolaikirche am Sonntag (21.März) wieder eröffnen. Zudem erwartet die Besucher eine neuemultimediale Dauerausstellung über die Geschichte der Kirche und dieStadt.
Kein anderes Gebäude spiegelt die facettenreiche Geschichte derdeutschen Hauptstadt anschaulicher wider als die Nikolaikirche.Wowereit lobte die Kirche schon vor der Wiedereröffnung als «einstadtgeschichtliches Juwel». Das Gebiet um die im frühen 13.Jahrhundert als Feldsteinbasilika errichtete Kirche gilt als «Wiege»Berlins.
Nach den Sanierungsarbeiten werden jetzt schon im Eingangsbereichweitreichende Neuerungen sichtbar. Die eher schmucklose Garderobe hatsich in eine spätromanische Turmhalle verwandelt. «Die Deckeoffenbart nun das Gussgewölbe aus der Gründungszeit um das Jahr1230», erklärt Kurator Albrecht Henkys. Den Boden setzten Handwerkerauf die Höhe der Entstehungszeit, und in Schaukästen findet sich derwieder entdeckte Turmknauf-Schatz wieder. «Über mehrere Jahrhundertehatten Bürger die Münzen und Medaillen in der Kirchturmspitzedeponiert», sagt Henkys. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs sei derSchatz verschwunden und jetzt über einen Privatsammler zurückgekehrt.
Der neue Kirchenboden aus roten handgefertigten Backsteinziegelnzeichnet an vielen Stellen die baulichen Veränderungen musterartignach. Hier und da schaut noch Mauerwerk aus der Ursprungszeit hervor.Im Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk vollständig zerstört, ehe dieDDR-Führung im Jahr 1980 den sieben Jahre dauernden Wiederaufbaubeschloss. Hier konstituierte sich im Jahr 1991 erstmals das freigewählte gemeinsame Berliner Abgeordnetenhaus.
Neben dem Münzschatz und zehn wieder entdeckten Engelfiguren desverlorenen Hochaltarwerks soll die holzgeschnitzte Kanzel aus derbenachbarten Franziskaner-Klosterkirche, die heute nur noch als Ruineerhalten ist, Blicke auf sich ziehen. «Von dieser predigte derBerliner Liederdichter und Theologe Paul Gerhardt», berichtet Henkys.
Die neue Dauerausstellung «Vom Stadtgrund bis zur Doppelspitze»dokumentiert die Entwicklung der Nikolaikirche und bettet diese aufmultimediale Weise ein in die Berliner Stadtgeschichte und die desNikolaiviertels. An anderen Stationen können Besucher weltbekannteLieder aus St. Nikolai hören oder die umfangreiche Grabkunst anhandvon Gedenktafeln oder Leichenpredigten nachempfinden.
Erstmals können Funde aus Grüften bekannter Berliner besichtigtwerden. Doch die Stätten sind mittlerweile ausgeräumt - aus gutemGrund. «Wenn die Spree vor langer Zeit Hochwasser hatte, sindmanchmal Leichen hervorgekommen und durch die Kirche geschwommen»,berichtet Henkys.
Auch bei den Restaurierungsarbeiten einzelner Kunstwerke, die sichmehrmals um Monate verzögerten, gab es Überraschungen. Im Hinterkopfeiner meterlangen Christusfigur fanden Restauratoren eineStifterurkunde aus dem Jahr 1784, die sich mit dem Kruzifix für dieüberwundene Pest-Epidemie bedankten.
Konfessionell genutzt wird die Kirche schon seit 1939 nicht mehr.Heute gehört sie zur Stiftung Stadtmuseum. Diese investierteinklusive Fördergelder der Europäischen Union nach eigenen Angabenetwa eine Million Euro in die Sanierung. Auch das Land Berlinunterstützte das Vorhaben.