Berlin Berlin: Kurt Mühlenhaupt ist tot

Berlin/dpa. - Der Berliner Malerpoet Kurt Mühlenhaupt ist tot. Erstarb am Ostersonntag im Alter von 85 Jahren, bestätigte MühlenhauptsKunsthof Bergsdorf eine Meldung des Senders RBB. Der Künstler gehörtezu der 1972 gegründeten Gruppe der «Berliner Malerpoeten», in dersich Künstler versammelten, die sowohl schreiben als auch malen.Darunter sind der heutige Nobelpreisträger Günter Grass, Günter BrunoFuchs, Aldona Gustas, Robert Wolfgang Schnell, Friedrich Schröder-Sonnenstern und Wolfdietrich Schnurre.
Mitte der 90er Jahre verabschiedete sich Mühlenhaupt in dieländliche Idylle Brandenburgs. Auf einem mit «ermalten» Geldernsanierten Gutshof im heimatlichen Bergsdorf erfüllte er sich seinenLebenstraum. Hier feierte er am 19. Januar noch seinen 85.Geburtstag. Die ersten Jahre im neuen Domizil sah man ihn noch oft imRollstuhl auf der Straße. Obwohl fast erblindet, hatten ihn Lebensmutund Lebenslust nicht verlassen. Fast bis zu seinem Tod legte er denPinsel nicht aus der Hand. Er malte unermüdlich, wenn auch unterSchmerzen.
«So lange ich male, lebe ich», hatte er einmal gesagt. Einesseiner letzten Bilder schuf er frei nach einem beliebtenSchulaufsatzthema «Mein schönster Tag»: Vor dem Brandenburger Tor inBerlin liegen sich am Tag des Mauerfalls Ost und West in den Armen.Der Künstler mit rotem Hut hat sich unter die fröhlichen Menschengemischt. Seine schönsten Arbeiten - rund 3000 sollen es sein - hatMühlenhaupt stets wie einen Schatz gehütet. Im eigenen Museum wussteer sie gut aufgehoben.
Er war vielleicht der letzte Künstler, den man wie Heinrich Zilleein «Berliner Original» nennen könnte. Schmeicheln konnte man ihmdamit nicht unbedingt. Noch entschiedener lehnte er die Bewertungseiner bei Sammlern in ganz Deutschland gefragten Arbeiten als «naiv»ab. Als «Maler mit Herz» verewigte er in dem stark autobiografischgeprägtem Werk vor allem die einfachen Leute. Seine Berliner Studienzeigen die dicke Rosi und Kneipen-Inge in draller Nacktheit,Straßenfeger, Putzfrauen, Kellner und Bettler.
Hochzeitsgesellschaften und spielende Kinder, Hinterhöfe undKirchen, Litfaßsäule und Pinkelbude sind Objekte seiner Berlin-Ansichten meist aus Kreuzberg und Wedding, wo er die meiste Zeitverbrachte. Die stille märkische Landschaft, Tiere, Blumen undnatürlich die Landfrauen - dem Meister gingen die Motive auf dem Dorfnie aus. Als er fast nichts mehr sah, malte er aus der Erinnerung.«Wer einen Brief schreibt, denkt auch nicht an jeden einzelnenBuchstaben», antwortete er einmal auf eine entsprechende Frage.
Mühlenhaupt war lange ein echter «Hungerkünstler», der sich imBerliner Kiez als Kartoffelschalen-Sammler, Leierkastenmann,Trödelhändler und Kneipenwirt durchschlug. Erst mit 60 bekam derAutodidakt seine erste große Schau. Derzeit sind seine Bilder imBerliner Dom zu sehen.