1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Berlin: Berlin: An der Einheit wird gebaut, am Denkmal zunächst nicht

Berlin Berlin: An der Einheit wird gebaut, am Denkmal zunächst nicht

Von ANDREAS MONTAG 11.05.2009, 17:28

BERLIN/MZ. - Dabei hatte doch alles so gut begonnen: Ein Wettbewerb wurde ausgelobt, gleich zwei Jurys wurden bestellt - eine Fach- und eine Sachjury, durchweg mit Auskennern aus Politik und Kunst besetzt.

Leipziger Ableger

Ende vergangenen Jahres stand schließlich das Budget von 15 Millionen Euro fest, die auch für den Bau eines Leipziger Ablegers der Erinnerungsstätte reichen sollen. Immerhin waren es die revolutionären Sachsen, die bei ihren anschwellenden Montagsdemonstrationen den Anfang vom Ende der DDR markiert hatten. Alles in trockenen Tüchern also, wie es schien. Am angemessenen Platz sollte es gleichfalls nicht scheitern: Im Herzen Berlins, auf dem Sockel des 1950 geschleiften Kaiser-Wilhelm-Denkmals gegenüber dem künftigen Stadtschloss, soll das Denkmal stehen. Am 9. November, zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, gedachte man den Siegerentwurf öffentlich zu präsentieren, ein Jahr später sollte Baubeginn sein.

Doch der Fahrplan ist ins Wasser gefallen, der Wettbewerb geplatzt. Kein Sieger in Sicht, befanden die Juroren. Entsprechend groß fällt der Katzenjammer aus. "Nicht die Künstler, wir haben versagt", hat der Autor Thomas Brussig als Jurymitglied im Berliner "Tagesspiegel" die Flucht nach vorn angetreten. Viel zu wenig Zeit hätten sie gehabt, die Entwürfe zu begutachten. Eine halbe Minute pro Stück. Das ist in der Tat nicht eben üppig, nachdem die ganz großen politischen Räder wegen des Denkmal-Projekts gedreht worden waren.

Magere Ausbeute

Die Künstler sind stinksauer: Mehr als 500 eingereichte Entwürfe - und alles soll Murks sein? Alles wohl nicht, aber sieht man sich die Ausbeute des Wettbewerbs an, die jetzt im Berliner Kronprinzenpalais neben der Staatsoper Unter den Linden zu besichtigen ist, wird das Schütteln zur dominierenden Kopfbewegung. Das Skurrile, gewollt oder nicht, überwiegt, das Dilettantische hat seine Quote erfüllt. Mit diesem Wettbewerb, der zwar auch ein paar höchst durchdachte, honorige Entwürfe wie das steinerne Forum des Berliner Architekten Zvi Hecker zeitigte, kann man sich insgesamt nur blamieren. Ein gigantischer Runder Tisch als Monument ist zu sehen, den statt Füßen aufgestapelte Autoreifen tragen. Ein riesiger Einkaufswagen könnte über den Platz rollen - wohl, um Deutschland, einig Supermarktland zu symbolisieren.

Dazu wiederkehrende Betonbänder, Stahlwellen, gläsernes Geraune, zumeist der allerkitschigsten Art. Und oftmals ohne jede Spur eines Gedankens, der sich über pathetische Banalitäten erhöbe. Das ist wirklich peinlich - und fällt entscheidend auf die Auslober zurück. Warum haben sie nicht genauer gesagt, was sie erwarten? Oder haben sie es selber nicht gewusst? Nun soll ein begrenzter, eingeladener Wettbewerb die Rettung bringen.

Am klügsten wäre es wohl gewesen, überhaupt auf ein Denkmal zu verzichten. Oder den entkernten, asbestbefreiten Palast der Republik stehen zu lassen. Mit einer Kaiser-Wilhelm-Projektion. Da hätten wir noch etwas lernen können.

Bis 31. Mai, Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, tägl. 10-20 Uhr, Eintr. frei