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Bad Lauchstädt Bad Lauchstädt: In der Herzkammer des schlaflosen Herrn Schiller

Von ANDREAS HILLGER 09.11.2010, 18:53

BAD LAUCHSTÄDT/MZ. - Wirklich heimisch ist er in dem Kurort nie geworden, von seiner Aura aber zehrt man dort bis heute: Obwohl Friedrich Schiller nach einem Besuch im Jahr 1803 beklagt hatte, dass er "den Verlust der schönen Zeit" bedaure und ihm der "gänzliche Müßiggang etwas Ungewohntes" sei, richtete ihm Goethe in Bad Lauchstädt schon zwei Jahre später eine majestätische Trauerfeier aus.

Heute nun, an seinem 251. Geburtstag und mehr als 205 Jahre nach dem Tod des Dichters, wird in der Lauchstädter Parkstraße 5 der Startschuss für eine weitere Etappe der Klassiker-Rezeption gegeben. Dabei ist das erste, zentrale Schaustück in dem neuen Museums-Domizil eigentlich ein Fake: Der historische Raum, der sich ursprünglich in einem baugleichen Gebäude in einer Nebenstraße befand, ist als Schauplatz von Schillers Verlobung mit Charlotte von Lengefeld legendär. Tatsächlich aber stellt das Interieur vor himmelblauer Täfelung ein frühes Zeugnis für die posthume Verehrung des Meisters dar - inszeniert von einem ortsansässigen Tischler. Nach der Wende erwarb die Stadt die Möbel und verhängte über den Rest des Raumes eine Quarantäne, Anfang 2010 wurde das gerettete Ambiente dann in der originalen Kubatur auf rund 15 Quadratmetern rekonstruiert - als Kern einer Ausstellungsfläche, die 300 Quadratmeter auf drei Etagen umfassen wird.

Für die Einrichtung und den Betrieb des Museums wird die landeseigene GmbH zuständig sein, die bereits die Verantwortung für die Kuranlagen und das Goethe-Theater trägt. Um diesen substantiellen Zugewinn für sein Haus verbuchen zu können, musste Geschäftsführer René Schmidt den Christkindl-Markt an die Stadt abtreten - ein Tausch, der beiden Seiten zum Vorteil gereichen dürfte. Denn mit der in den kommenden drei Jahren entstehenden Dauerausstellung kann Schmidt endlich den Mangel an geeigneten Präsentationsräumen beheben, was nicht allein das Depot der Kuranlagen entlastet.

Zudem kann in den historischen Gebäuden am Park künftig neu geplant werden. So soll nach dem Besucherzentrum auch ein Museum zur Geschichte der Lauchstädter Badekultur entstehen, das die historische Einrichtung eines Pavillons rekonstruiert. Und in den anderen Häusern könnte künftig eine Opernakademie ihren Sitz nehmen, die mit Unterstützung einer Stiftung entstehen soll. Auf private Partner wird man im übrigen auch bei der Ausstattung des Museums angewiesen sein, das die Lauchstädter Theatergeschichte vom Prinzipal Goethe bis zur Gegenwart ebenso abbilden soll wie die Geschichte der Schiller-Legenden.

Die von Schmidt als "Puppenstube" apostrophierte Kulisse mit Wandpaneel, Tapete und Deckenbild bildet dafür ein perfektes Zentrum - selbst wenn man mit ihrer Entzauberung ein wenig am lokalen Mythos kratzt. Aber dass Schiller zu Bad Lauchstädt gehört, steht außer Frage: "Man hat mir", schrieb er 1803 an seine Charlotte, "gestern nach dem Ball noch in später Nacht eine Musik gebracht, wobei viele Studenten aus Halle und Leipzig waren, sodaß ich noch nicht recht habe ausschlafen können, auch des Morgens haben sie mich mit Musik begrüßt."

Die Eröffnung des Schiller-Zimmers findet am Mittwoch um 18 Uhr statt. Zum Festakt werden Balladen des Dichters gelesen.