1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Ausstellung: Ausstellung: «Wir waren so frei...» zeigt private Bilder vom Ende der DDR

Ausstellung Ausstellung: «Wir waren so frei...» zeigt private Bilder vom Ende der DDR

Von Nadine Emmerich 30.04.2009, 12:47

Berlin/ddp. - Unter dem Titel «Wir waren so frei... Momentaufnahmen1989/1990» präsentiert das Museum für Film und Fernsehen private undzum Teil sehr persönliche Schnappschüsse von Bürgern aus Ost und Westneben Aufnahmen der internationalen Berichterstattung und Bilderndeutscher Dokumentarfilmer. Kuratorin Ulrike Schmiegelt sagte amDonnerstag, rund 180 private Leihgeber hätten nach einem Aufruf derKinemathek mehr als 6000 Fotos und 40 Stunden Filmmaterial geschickt.Rund 300 Fotos und 40 Minuten Film seien jetzt zu sehen.

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, ThomasKrüger, sagte: «Hier wird das kollektive Gedächtnis neu justiert undzur Debatte gestellt.» Neben der offiziellen Geschichtsschreibunggebe es viele ausgeblendete Bilder. Mit Blick auf die Schau «SechzigJahre. Sechzig Werke - Kunst aus der Bundesrepublik Deutschland» imMartin-Gropius-Bau, die am Donnerstag von Bundeskanzlerin AngelaMerkel (CDU) eröffnet werden sollte, kritisierte er dagegen einen«kolonialen Blick», der die Kunst der DDR ausblende und den Blick aufdie Vielfältigkeit der Geschichte verstelle. Auch der KünstlerischeDirektor der Deutschen Kinemathek, Rainer Rother, betonte, in «Wirwaren so frei...» gehe es um Perspektivenvielfalt.

Die bis 9. November laufende Ausstellung in der Kinemathek amPotsdamer Platz bildet die Zeit zwischen dem 1. Mai 1989, der letztenMaikundgebung der DDR, und dem 2. Dezember 1990, dem Tag der erstengesamtdeutschen Bundestagswahl, ab. Die Ausstellung ist gegliedert inKapitel wie «Protest und Flucht», «Die Öffnung der Grenze»,«Erkundungen und Begegnungen», «Die Umgestaltung der DDR» und «Diedeutsche Einheit». Der Schwerpunkt liegt auf den Fotos und Filmen vonPrivatpersonen - von Hausbesetzungen in Prenzlauer Berg undGroßdemonstrationen in Suhl bis zum Besuch der Tante aus dem Westenund Supermarktregalen mit West-Waren.

Projektleiterin Schmiegelt würdigte vor allem die Arbeit mit denZeitzeugen. «Die Menschen hatten alle etwas zu erzählen», sagte sie.Bei der Auswahl der Bilder sei es ihr wichtig gewesen, nicht nur dieProtestbewegungen in Berlin und Leipzig, sondern auch in den kleinenStädten zu zeigen. Auch habe nach dem Mauerfall das Interesse derMenschen am jeweils anderen Land und die gegenseitige Neugieraufeinander dargestellt werden sollen. Mit Blick auf die Bilder, dieVeränderungen im Alltag der Ostdeutschen illustrieren sollen, sagtesie: «Ein Motiv, das immer wieder auftaucht, sind die Cola-Dosen.»

Mit der Bundestagswahl 1990 nimmt die Zahl der Schnappschüsse lautSchmiegelt ab. Das Interesse der Privatleute an der Dokumentation seizu diesem Zeitpunkt offenbar erloschen. Laut Rother war 1989 übrigensein extrem schlechtes Kinojahr: «Die Leute sind nicht ins Kinogegangen, weil sie anderes zu tun hatten», sagte er.

Die Sammlung der privaten Filme und Fotos wird in einer Datenbankauch nach der Ausstellung dauerhaft im Internet erhalten bleiben(wir-waren-so-frei.de). Rother kündigte an, das Archiv werde weiterausgebaut, die Kinemathek werde in den kommenden Wochen und Monatensicherlich weiteres Bildmaterial bekommen. «Das Telefon klingelt nochhäufig», sagte er. Laut Krüger soll das Internetarchiv auch eineBrücke in den Bildungsbereich schlagen und in Schulen für denUnterricht genutzt werden.