Ausstellung Ausstellung: Wer war Wallenstein?
lützen/MZ. - Die historischen Verhältnisse scheinen geklärt: Gustav II. Adolf, König von Schweden, ist der Gute, sein Widerpart im Dreißigjährigen Krieg, der kaiserliche Heerführer Albrecht von Wallenstein, der Böse. Der Schwede, der sein Land reformiert und mit den Mitteln seiner Zeit, also auch durch Krieg gestärkt hatte, fiel 1632 in der blutigen Schlacht bei Lützen. Dort ehrt man ihn seit 1912 mit einer Gedenkkirche.
Wallenstein hingegen, der böhmische Fürst, geschickte Kriegsherr und Geldvermehrer, hat sich des Ausgangs nicht freuen können. Er sah wohl keine Chance, dass das große Töten militärisch zu des einen oder anderen Gunsten entschieden werden könnte, er setzte auf Verhandlungen, wurde schließlich vom Kaiser in Wien für einen Verräter gehalten und schließlich auf allerhöchsten Wunsch 1634 in Eger (Böhmen) ermordet.
Nun setzt man im Schlossmuseum von Lützen, wo vor fünf Jahren eine umfangreiche Gustav-Adolf-Ausstellung gezeigt wurde, zu einer neuerlichen, großen Schau an, die Wallenstein gewidmet ist und gemeinsam mit Fachleuten und Museen aus Tschechien, der Heimat des Feldherren, gestemmt worden ist: "Die blut'ge Affair' bei Lützen. Wallensteins Wende".
Ein beachtlicher Kraftakt für ein relativ kleines Museum abseits der Kunstbetriebsmetropolen, das sich damit selbst alle Ehre macht und jenen, die gern über die Existenzberechtigung und Förderwürdigkeit solcher Häuser nachdenken, ein wenig Wind aus den Segeln nehmen dürfte.
In dieser Schau, die insgesamt 406 Exponate, darunter 42 Leihgaben aus Tschechien, vereint und ab Samstag den Besuchern offensteht, soll ein möglichst komplexes Bild Wallensteins gezeichnet werden, erklären übereinstimmend die Kuratoren Inger Schuberth und Maik Reichel. Es gehe dabei nicht um eine Rehabilitierung des umstrittenen Helden, sagt der Lützner Museumsmann Reichel: "Wir wollen vielmehr klären, ob Wallenstein der Böse war."
So wird der Besucher im Parcours denn auch zunächst über die biografischen Stationen Wallensteins geführt, der 1583 als Spross eines alten Adelsgeschlechts auf Gut Hermanitz in Böhmen zur Welt kam, mit zehn Jahren die Mutter, zwei Jahre später den Vater verlor und von Verwandten in protestantischem Geist erzogen worden ist. Später konvertierte Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, wie er eigentlich hieß, zum Katholizismus und machte Karriere am Kaiserlichen Hof in Wien.
Seine Fähigkeiten als geldbewusster Machtmensch, Feldherr und Diplomat haben ihn in hohes Ansehen gebracht. Einmal schon aus des Kaisers Dienst entlassen, holte man ihn als Oberbefehlshaber zurück, als die Sache gegen die Schweden schlecht stand. Dann aber, krank und von den Getreuen verlassen, hat ihn sein einstiger Gönner umbringen lassen.
Die Ausstellungsmacher haben sich indessen ausdrücklich darum bemüht, auch die Zeitläufte ins Bild zu setzen - einschließlich der zahllosen Unbekannten, die im Feld gestorben sind. Die Frage, wo eigentlich all die Toten der Lützner Schlacht geblieben sind, wird zum Thema gemacht. Alfred Reichenberger vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalts hat am Mittwoch in Lützen über die Bergung eines ersten Massengrabes berichtet, am Freitag sollen in Halle Einblicke in die Arbeit an dem Fund gegeben werden.
Die Schlachtfeldarchäologie ist in Deutschland, wohl aus Gründen des Respekts vor den Kriegsopfern der jüngeren Geschichte, noch eine junge Disziplin. Gleichwohl erhofft sich Reichenberger wesentliche Erkenntnisse von der spektakulären Ausgrabung - zum Beispiel darüber, auf welche Weise die Soldaten ums Leben gekommen sind, welcher Herkunft sie waren und ob man sie getrennt nach Kriegsparteien bestattet hat.
Die Lützner Schau dokumentiert die bisher vier entdeckten Massengräber des Dreißigjährigen Krieges, darunter den "Star" - das Skelett eines Mannes, der 1628 bei Stralsund verschüttet wurde und dessen Leichnam deshalb nicht geplündert worden ist, wie es mit den meisten anderen Toten geschah.
Um die Schau, die unter anderem vom Land Sachsen-Anhalt gefördert wurde, zu komplettieren, ist im Verlag Janos Stekovics ein umfangreich bebildeter Begleitband erschienen. Beide, die Ausstellung wie das Buch, sind des Ansehens unbedingt wert.
Schloss Lützen, Schlosstraße 4, bis zum 29. Juli, Di-So 10-18 Uhr