Ausstellung in Merseburg Ausstellung in Merseburg: Leben von Herzog Christian I. zum 400. Geburtstag

Merseburg - Ende September des Jahres 1653 standen Merseburg freudige Tage ins Haus: Mit Prinz Christian von Sachsen (1615-1691) zog der erste Regent des neugegründeten Herzogtums Sachsen-Merseburg in die Stadt ein, die künftig seine Hauptresidenz sein würde. Die Aufgaben, die er zu stemmen hatte, waren gewaltig: Aus einem Territorium, das ein Flickenteppich auf der Landkarte Mitteldeutschlands war, musste er ein Herzogtum formen. Christians Herrschaftsbereich umfasste das frühere Bistum Merseburg, die Ämter Bitterfeld, Zörbig und Delitzsch im Westen sowie die Markgrafschaft Niederlausitz im Osten.
Mit einer Ausstellung erinnert das Kulturhistorische Museum Merseburg jetzt an das Leben und die Regierungszeit Christians, der vor 400 Jahren als Sohn von Kurfürst Georg I. von Sachsen in Dresden geboren wurde. Christian war der dritte von vier Prinzen, die alle das Erbrecht an der sächsischen Kurwürde (Sekundogenitur) erhielten. Georg II. als Erstgeborener trat die Nachfolge seines Vaters als sächsischer Kurfürst an. Auch seine drei nachgeborenen Brüder wurden mittels Erbteilung angemessen versorgt: Für August entstand das Herzogtum Sachsen-Weißenfels, für Moritz Sachsen-Zeitz und für Christian Sachsen-Merseburg. Als Erben der sächsischen Dynastie wurden die Brüder eingeschworen, „jederzeit einig, friedlich und brüderlich miteinander zu handeln“. „Freundbrüderlichkeit“ war das Kunstwort, das man dafür fand. Alle vier Prinzen hatten zuvor eine gediegene Bildung am Dresdner Hof erhalten. Zur ritterlichen Erziehung gehörte auch das Erlernen des Schießens. Stellvertretend dafür ist in Merseburg das reich verzierte Kindergewehr Christians von 1623 zu sehen.
Um Müßiggang zu verhindern, wurden die Prinzen mit Aufgaben bei Hof betraut. Christian hatte seit 1649 das Amt des Inspektors der Hofkapelle inne und stand damit in direktem Kontakt mit deren Kapellmeister Heinrich Schütz. Das dokumentiert etwa ein Schreiben des Musikers vom August 1651.
Christians zweiteiliger Herrschaftsraum zwang ihn zu vielen Reisen in die Niederlausitz. In Lübben und Dobrilugk, dem heutigen Doberlug-Kirchhain, residierte der Herzog, wenn er in seiner Lausitzer Grafschaft den Regierungsgeschäften nachkam. Die Kutschfahrt zwischen Haupt- und Nebenresidenz dauerte drei Tage. Eine Vorstellung von den Entfernungen und den Ausmaßen seines kleinen Reichs vermittelt ein eigens für die Ausstellung angefertigter Teppich im zweiten Raum, in den eine Karte Mitteldeutschlands aus dem 17. Jahrhundert eingearbeitet ist und auf der die Umrisse des Herzogtums hervorgehoben sind.
Während Christians Herrschaft wurde nicht nur das Rechts- und Verwaltungswesen neu geordnet und das Mühlenwesen, die Polizei- und Stadtordnung reformiert, sondern er entfaltete auch eine rege Bautätigkeit: Merseburgs mittelalterliche Bischofskathedrale wurde zu einer barocken Fürstenkirche, auch das Schloss dem Zeitgeschmack entsprechend verändert. In der Niederlausitz tat sich der Herzog sogar als Stadtgründer hervor. Allesamt Maßnahmen, mit denen er nicht nur seine Macht und Möglichkeiten als sächsischer Fürst demonstrierte, sondern nach dem 30-jährigen Krieg auch ganz praktisch etwas für das Gemeinwesen leistete.
Christian, so ist den informativen Begleittexten zu entnehmen, herrschte mit großer politischer Weitsicht. Ohne auf die prachtvolle Hofhaltung, die er aus Dresden kannte, zu verzichten, konnte er Christian II., seinem Sohn und Erben, dennoch ein wohlgeordnetes Staats- und Finanzwesen übergeben – was wahrlich nicht viele Barockherrscher von sich behaupten konnten. Christian I. erwies sich aber nicht nur als Staatsmann von Format, sondern er pflegte auch allerlei Passionen. Er liebte die Musik, begeisterte sich für den Weinbau und versuchte sich - was in adligen Kreisen als ungebührlich galt, - auch als Kunsthandwerker, der gern drechselte. All das wird in der Schau sehr anschaulich in Wort und Bild vermittelt. „Er hat in seinen Landen durchregiert, ohne die Kultur zu vernachlässigen“, bringt Markus Cottin, der Leiter des Merseburger Domstiftsarchivs, die Bedeutung Christians auf den Punkt.
Ähnlich wie bei den Sekundogenituren in Zeitz (1718 erloschen) und Weißenfels (1746 erloschen) war auch der Merseburger keine lange Dauer beschieden. Nach dem Tod von Heinrich, dem fünften und letzten Erben von Merseburg-Sachsen, fiel die Nebenlinie 1738 wieder an Kur-sachsen zurück.
Nach der im Vorjahr aufwendig inszenierten Schau über August von Sachsen-Weißenfels, den Zweitgeborenen, in Halle und der aktuellen Ausstellung über den drittgeborenen Christian wird sich der „freundbrüderliche“ Bund in vier Jahren runden: 2019 soll im Schloss Moritzburg in Zeitz mit Moritz von Sachsen-Zeitz der vierte und jüngste Sohn des sächsischen Kurfürsten Georg I. mit einer großen Ausstellung zu seinem 400. Geburtstag gewürdigt werden. (mz)
„Der dritte Prinz – Herzog Christian I. zu Sachsen-Merseburg“: Kulturhistorisches Museum Merseburg bis zum 12. Juli, täglich von 9 bis 18 Uhr
