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Filmfestival Deutsches Kino mit guten Chancen in Locarno

Das 78. Filmfestival Locarno zeigt viele deutsche und mit deutscher Beteiligung entstandene Produktionen. Die Wahrscheinlichkeit für Auszeichnungen von Filmschaffenden aus Deutschland ist hoch.

Von Peter Claus, dpa 05.08.2025, 08:12
Fünf deutsche oder mit deutschem Engagement entstandene Beiträge wurden in den Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden eingeladen. (Symbolfoto)
Fünf deutsche oder mit deutschem Engagement entstandene Beiträge wurden in den Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden eingeladen. (Symbolfoto) Jean-Christophe Bott/Keystone/dpa

Locarno - Schon im Mai beim Festival in Cannes begeisterte das deutsche Kino: Eine der wichtigsten Auszeichnungen ging an den Spielfilm „In die Sonne schauen“ (Kinostart: 11. September). Der große Erfolg könnte sich bei dem vom 6. bis 16. August stattfindenden 78. Filmfestival in Locarno, dem bekannten Urlaubsort am Schweizer Ufer des Lago Maggiore, mit weiteren Preisen fortsetzen.

Filmschaffende aus der Bundesrepublik sind in diesem Jahr auf dem neben Berlin, Cannes und Venedig wichtigsten europäischen Filmfestival allein zahlenmäßig stark vertreten: 22 der insgesamt 222 Kurz-, Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilme in verschiedenen Wettbewerben und Sektionen sind deutsche und mit deutscher Beteiligung realisierte internationale Produktionen.

Allein die bemerkenswerte Tatsache, dass so viele Filme des Programms aus Deutschland kommen, garantiert natürlich noch keinen Preis. Doch offenbar war schon die strenge Auswahlkommission um Giona A. Nazzaro, den künstlerischen Leiter des Festivals, von der Qualität des deutschen Kinos angetan: Fünf deutsche oder mit deutschem Engagement entstandene Beiträge wurden in den Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden eingeladen, also nahezu ein Drittel der 18 hier gezeigten Filme. Schon das ist ein Riesenerfolg.

Eigenwilligkeit und Einfallsreichtum zählt 

Besonders große Hoffnungen begleiten den ausschließlich von deutschen Produzenten finanzierten Wettbewerbsbeitrag „Sehnsucht in Sangerhausen“. Die Komödie verfolgt die verschlungenen Lebenswege von wagemutigen Frauen. Mit seiner erfolgreichen Vampir-Farce „Blutsauger“ hat Regisseur Julian Radlmaier 2021 enormes Talent für eine künstlerisch originelle und dabei publikumswirksame Erzählkunst bewiesen. Und genau das zählt in Locarno. Das Festival zeichnet vor allem jüngere Talente aus, die mit Eigenwilligkeit und Einfallsreichtum punkten.

Neben dem Spielfilm von Julian Radlmaier laufen im zentralen Wettbewerb vier internationale Koproduktionen, die mit deutscher Beteiligung entstanden sind: das Roadmovie „Dry Leaf“ des georgischen Regisseurs Alexandre Koberidze, die Familientragödie „Donkey Days“ der Niederländerin Rosanne Pel, die Lovestory „White Snail“ des österreichisch-deutschen Regie-Duos Elsa Kremser und Levin Peter sowie der Dokumentarfilm „With Hasan in Gaza“ vom palästinensischen Filmemacher Kamal Aljafari.

„With Hasan in Gaza“ wird neben „Sehnsucht in Sangerhausen“ mit besonderer Spannung erwartet. Ausgehend von Filmmaterial aus dem Jahr 2001 wird Alltag in Gaza reflektiert. Alltag, der im Schatten des derzeitigen Krieges geradezu surreal anmutet. Die Archiv-Aufnahmen zeigen Lebensmöglichkeiten, die es in der Gegenwart so nicht mehr gibt. Dieser Film dürfte in hohem Maß dem Credo von Giona A. Nazzaro entsprechen: Anfang Juli bei der Vorstellung des Festivalprogramms betonte er eindringlich die Bedeutung der Filmkunst in „einer Zeit, in der die Welt gewaltsam durchgeschüttelt wird“.

Ehrenpreise für Emma Thompson und Lucy Liu

Welche Filme zum Festivalabschluss Preise einheimsen, lässt sich vorab natürlich nicht sagen. Einige Auszeichnungen sind allerdings bereits bekannt. So werden Ehrenpreise an Stars wie die Schauspielerinnen Golshifteh Farahani („Wilhelm Tell“), Emma Thompson („Meine Stunden mit Leo“), Lucy Liu („Kill Bill“) und ihren Kollegen Jackie Chan („Rush Hour“) vergeben. Das passiert jeweils vor einer der abendlichen Freiluft-Galas mit Filmen außerhalb aller Wettbewerbe auf der malerischen Piazza Grande von Locarno.

Die Abende unterm Sternenzelt sind der Clou des Filmfestivals. Nacht für Nacht feiern hier bis zu 9.000 Zuschauerinnen und Zuschauer die Magie des Kinos. Im 14 Titel umfassenden Piazza-Programm laufen in diesem Jahr drei mit deutschem Engagement gedrehte internationale Produktionen: „The Dead of Winter“ vom Briten Brian Kirk, „Sentimental Value“ des Norwegers Joachim Trier und „Die jüngste Tochter“ der französischen Regisseurin Hafsia Herzi. Diese Filme erhöhen Deutschlands Chancen auf eine Auszeichnung, denn sie sind alle im Rennen um den begehrten Publikumspreis. Dieser und die anderen Ehrungen werden am 16. August spätabends auf der Piazza verliehen.