Ausstellung Ausstellung: Flieger grüßt den Papst
Halle/MZ. - Auf notwendig begrenztem Raum präsentiert, entfaltet die Ausstellung großformatiger Gemälde und farbiger Zeichnungen gleichwohl eine luftige Opulenz, die etwas mit dem besonderen Atem der Malerin zu haben muss.
Irritierender Humor
Sie hantiert dabei teils mit einem Humor, den man erst einmal verkraften muss und weniger erstaunlich vielleicht in dem Wissen finden wird, dass die Urheberin der Bilder zu DDR-Zeiten auf Punk war, der Droge der Rebellen. Nehmen wir nur den "Flieger" (oder ist es nicht eine Fliegerin?) aus dem Jahr 2001. Er (oder sie) schaut in den Himmel - mit einem Blick, den man während des ruhmlosen Dritten Reiches wohl sieghaft genannt haben würde. Die ganze Pose, bis hin zur Hand, die die Augen des Fliegers vor der Grelle des Lichtes schützt, wirkt beinahe, als sei sie aus einem Riefenstahl-Film entlehnt - wäre da nicht auch etwas Weiches, Träumerisches, Rätselhaftes. Aber, noch einen Augenblick später, kann man in dem Bild auch die Kühnheit sozialistisch-realistischer Ikonografie sarkastisch gebrochen wiederfinden.
Und selbst die Diskussion zeitgenössischer Kunst-Tendenzen liefert das Bild gleich mit. Pop Art und neuer, verrätselter Realismus etwa aus Leipziger Landen - die Geschwister werden hier ihrer nahen Verwandtschaft erinnert. Und Cornelia Schleime, so stellt es sich der Betrachter jedenfalls vor, wird eine gewisse Freude bei der Vorstellung empfinden, wie befremdet und zugleich fasziniert das geneigte Publikum vor ihrem Bild steht. Das ist ein Teil des Plans, es geht hier (wie immer bei seriöser Kunst) auch um die Denkarbeit, die man als Preis für den ästhetischen Genuss zu leisten hat. Die Malerin verlangt ein bisschen mehr als das große "Ah" und "Oh", obwohl auch für derlei staunende Huldigung hinreichender Anlass gegeben ist.
Da ist das hinreißende Papst-Bild aus dem Jahr 2003, verspielt und eben deshalb gerade noch respektvoll genug, um nicht blasphemisch zu sein: Es zeigt den inzwischen verstorbenen Johannes Paul II. entrückt, aber zugleich auch verschmitzt lächelnd vor einem flirrenden Sternenhimmel, durch ein imaginäres Fernglas spähend: "Ich sehe was, was Du nicht siehst".
Letzte Fragen erlaubt
Darf man das? So nach Gott fragen und das Oberhaupt der Katholischen Kirche zum Kronzeugen machen? Aber ja. Für die Frage, ob man etwas darf, hat sich Cornelia Schleime im Übrigen nie sonderlich interessiert. Sie hat es spannender gefunden zu tun, was sie selbst für richtig hielt: künstlerisch und damit auch politisch. 1953 in Ostberlin geboren, absolvierte sie zunächst eine Friseurlehre, wurde Maskenbildnerin und Pferdepflegerin, bevor sie 1975 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden zu studieren begann. Früh lag Schleime mit ihrem ausgeprägten Experimentier- und Stilwillen quer zur offiziellen Realismus-Linie, neben Bildern entstanden auch Schmalfilme und Aktionskunstprojekte, 1979 gründete sie die Punkband "Zwitschermaschine". 1981 kam es, aus Sicht der Funktionäre folgerichtig, zum Ausstellungsverbot. Drei Jahre später durfte die Künstlerin zwar ausreisen, büßte aber dabei fast alles, was sie gemalt hatte, ein. Diese frühe Werkgruppe ist seitdem verschwunden.
In der halleschen Talstraße sind nun Zeugnisse aus zwei Jahrzehnten zu sehen, von frühen, surrealen Arbeiten wie "Drei Frauen vier Hunde" (1985) bis zu den ausdrucksvollen, großen Porträts wie "Die Nacht hat Flügel" die seit den 1990er Jahren datieren. Bilder, in die man sich verlieben kann - dem tapferen Kunstverein "Talstraße" sei Dank nun auch in Halle.
Bis zum 25. November, Talstraße 23, Halle, Di-Fr 14-19, Sa u. So. 14-17 Uhr.