Ausstellung Ausstellung: Dresden reklamiert für sich eine Sonderrolle
Dresden/MZ. - Virulente Debatte
Es ist der Ort der Ausstellung mehr noch als ihre Exponate, der als "Exponat Nr. 1" den Konfliktstoff aufzeigt, mit dem auch der Name Dehio unauflöslich verbunden ist. So werden denn auch im Dresdner Schloss die Debatten materialreich ausgebreitet, in denen Dehios Wortmeldungen zu einer Zeitenwende im Umgang mit historischen Bauwerken führten.
Das Heidelberger Schloss vor allem, bei dem er 1901 mit einer Streitschrift die Abkehr von einer historisierenden Ergänzung der Ruine einleitete. Aber Dehio, der Gegner von Bau-Kopien und -Erfindungen jeder Art, ist noch immer eine Instanz: In der wieder virulenten Debatte um den "Wiederaufbau" zerstörter historischer Bauwerke sind Befürworter wie Gegner über kurz oder lang mit seinen Maximen konfrontiert.
Eben deshalb ist es symptomatisch für die innere Verfassung der Denkmalpflege von heute, wenn sie in der Ausstellung dem Anlass und dem Ort zum Trotz dem Thema eher ausweicht - in sichtlichem Gegensatz zu Dehios Zeit. Am Dresdner Schloss wird heute und künftig mehr ergänzt, rekonstruiert und kopiert als jemals am Heidelberger. Das aber wird nicht dokumentiert oder gar diskutiert.
Dresden freilich reklamiert eine Sonderrolle. Zwinger, Semperoper, Taschenbergpalais und natürlich die Frauenkirche sind stolze Zeugnisse von Selbstbehauptung angesichts von Kriegszerstörung und sozialistischem Städtebau. Man mag das gelten lassen und doch fragen, ob nicht gerade Dresden der Ort gewesen wäre, die zeitgemäße Relevanz Dehios zu erkunden.
Barocker Prunk
Eine Welle der Empörung begrub in Dresden Mitte der 90er Jahre eine kurze und hitzige öffentliche Debatte darüber, dass die Rekonstruktion des Schlosses "von allem das Schönste" wolle: den barocken Prunk der Festsäle, die Renaissance-Ritzmalereien im Hof. Manches wird phantasievoll aus alten Stichen abgeleitet, während einige authentisch überlieferte Bauteile, jedoch späterer Zeiten, abgerissen werden. Als "Täuschung" geißelte Dehio die Rekonstruktionen, mit denen zu seiner Zeit Verlorenes neu erfunden wurde. Wenn man sich auch auf historische Vorbilder berief, so war es für ihn umso mehr ein Unding, als man "in Täuschungen Trost suchen" wollte.
Residenzschloss Dresden, bis 13. Nov., täglich außer dienstags 10-18 Uhr.