Auktion Auktion: Sekretär aus Speer-Besitz für 80 000 Euro versteigert

Rudolstadt/dpa. - Am Ende ging alles ganz schnell: Binnen dreiMinuten versteigerte Auktionatorin Anke Wendl am späten Samstagabendfür 80 000 Euro einen vermutlich von Karl Friedrich Schinkelentworfenen Schreibsekretär aus dem einstigen Besitz des NS-Architekten und Rüstungsministers Albert Speer. Das klassizistischeMöbel aus Mahagoni war in Rudolstadt (Thüringen) für 45 000 Euroaufgerufen worden und ging an einen Telefonbieter ausNorddeutschland. Der Mann, der nach Aussage des AuktionshausbesitzersMartin Wendl «einen sehr guten Ruf als Klassizismus-Sammler hat»,will das stark umgebaute Stück wieder nach Originalvorlagenrestaurieren lassen.
«Wir haben unsere Arbeit ganz gut gemacht, das war ein sehr guterPreis», sagte ein sichtlich erleichterter Wendl. Lediglich zweiTelefonbieter trieben den Preis in die Höhe. Noch nie ist in dembeschaulichen Thüringer Auktionshaus ein Objekt zu solch hohem Preisversteigert worden.
Vorausgegangen war der Versteigerung ein monatelanger Streitzwischen einem Erfurter Nachlassverwalter und der Speer-Tochter HildeSchramm. Das Stück sollte bereits im Oktober 2004 für einMindestgebot von 3300 Euro unter den Hammer kommen. In letzter Minutewurde es auf Protest von Schramm von der Liste genommen. Sie wolltedas Kleinod der Öffentlichkeit erhalten und der Stiftung PreußischeSchlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zukommen lassen. Speer hattees 1941 für 15 000 Reichsmark ersteigert. Es galt seit 1945 alsverschollen oder zerstört.
Der Sekretär war nach dem Krieg im Besitz eines Thüringer Arztes.Nach dessen Tod übergab die Nachlassverwaltung das Möbelstück demAuktionshaus. Dort wurde es wegen der starken Umbauten nicht alsSchinkel-Stück erkannt. Schramm schrieb damals: «Ich wollte vielmehrerreichen, dass die Eigentumsverhältnisse ohne Zeitdruck geklärtwerden können.» Die liegen teilweise noch immer im Dunkeln. Deshalberfolgte die Versteigerung auch unter Vorbehalt. Schramm-AnwaltUlrich von Heinz und die Nachlassverwaltung einigten sich auf diesenKompromiss. Laut Auktionshaus besteht drei Wochen Zeit, eine möglicheUnrechtmäßigkeit der Versteigerung von 1941 nachzuweisen.
Der kunstvoll verzierte Sekretär wurde zwischen 1800 und 1825 mitziemlicher Sicherheit nach einem Entwurf von Schinkel für denpreußischen Hof gebaut. Später erwarb ihn der jüdische SanitätsratWilhelm Dosquet, der 1938 starb. 1941 versteigerte dessen Witwe denSekretär. Den Zuschlag bekam Speer. Aus heutiger Sicht gibt es zweiProblemfragen: Hat Dosquets Frau den Sekretär zum Höhepunkt derJudenverfolgung freiwillig versteigert und haben ihre ErbenBesitzansprüche? Und wie gelangte das Stück in die Hände des ErfurterPathologen?