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Architektur Architektur: Der ehrliche und schwierige Herr Knobelsdorff

10.09.2003, 06:12

Berlin/dpa. - Ohne ihn sähe die deutsche Hauptstadt anders aus. Und Potsdam, das Herz Preußens, sowieso. Er war der Architekt von Friedrich dem Großen, er war Maler, Künstler, Opernintendant. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff ist der Mann, der für den damaligen Kronprinzen Friedrich (1712-1786) Schloss Rheinsberg umbaute und nach dessen Thronbesteigung 1740 für König Friedrich II. wie ein Besessener zeichnete, plante und baute. Er war Freund des «Alten Fritz», ganz nah am Musen-König, aber so ehrlich und schwierig, dass er am Ende ziemlich alleine starb. Vor 250 Jahren, am 16. September 1753.

   Von Knobelsdorff baute die Berliner Oper. Im Dezember 1742 war sie bei ihrer Eröffnung, noch nicht ganz fertig, eine Art Zeichen des neuen Königs für den Wandel im Lande. Er, der schöngeistige Flötenspieler, war ein Freund der Künste. Er hasste seinen Vater, den «Soldatenkönig» Friedrich Wilhelm I.: Dieser hatte 1730 den besten Freund seines 18 Jahre alten Sohnes, Hans Hermann von Katte, enthaupten lassen, weil dieser mit Friedrich zu desertieren versuchte. Friedrich musste zuschauen. Als bleierne, feldgraue Zeit hat der spätere Friedrich der Große die Herrschaft des Vaters erfahren. Die Uniformen seiner Armee nannte er verächtlich «Sterbekittel».

   Später hat er sich ein paar Jahre lang unbeschwert und frei gefühlt: In Rheinsberg. Und von Knobelsdorff, 13 Jahre älter als er, ist dabei. 1729, als 30-Jähriger, hat Knobelsdorff den Militärdienst aus Gesundheitsgründen quittiert und bei Antoine Pesne Landschaftsmalerei studiert. Mit den Augen des Malers sieht er Gebäude und Gärten und schlägt dem in Rheinsberg lebenden Friedrich vor, das Schloss umzubauen. So entsteht ein noch heute bedeutsames und schönes Bauwerk. Zuvor schon hatte er in Neuruppin mit dem so genannten Tempelgarten sein Talent auch als Gartenarchitekt gezeigt. Später wird er auch den Berliner Tiergarten umgestalten.

   Friedrich II. mag alles ganz anders als sein Vater. Leicht, luftig und verspielt, aber dennoch repräsentativ sollen Gebäude seiner Ansicht nach sein. «Friderizianisches Rokoko» wird das später genannt: Es ist die Abkehr vom wuchtigen und schweren Barock. Nachdem er seinen Vater beerbt hat, ernennt Friedrich Knobelsdorff zu seinem Chef-Architekten. Das Bauen und Umbauen beginnt.

   Das Charlottenburger Schloss bekommt den Neuen Flügel, das Potsdamer den Marstall, das düstere Stadtschloss in Berlin wird umgebaut. Und in Sichtweite des ungeliebten Berliner Schlosses plant von Knobelsdorff das «Forum Friderizianum», ein großes Gebäudeensemble: Außer dem Opernhaus werden unter anderem die Hedwigs-Kathedrale und die Königliche Bibliothek verwirklicht.

   Und natürlich Sanssouci in Potsdam. 1744 wird mit dem Bau begonnen, aber Knobelsdorff und Friedrich II. streiten ständig. Denn der König hält sich selbst für einen begnadeten Architekten. Und von Knobelsdorff wird als «ein Mann von einem etwas unzugänglichen und rauhen Wesen» beschrieben. Friedrich flucht: «Er executiret nichts, wie Ich es haben will, und ist faul wie ein Artilleriepferd.» Knobelsdorff fällt in Ungnade. Friedrich reißt die Oberaufsicht über Sanssouci an sich: Als das Schloss 1747 fertig ist, ist der Baumeister vom Amt suspendiert.

   Von Knobelsdorff, aus Crossen an der Oder stammend, wird von allen Zeitgenossen als kantig, schwierig und brillant beschrieben. Er heiratet eine Bürgerliche - damals ein Skandal - und bittet den König sieben Tage vor seinem Tod, seine «nicht standesgemäße» Tochter als rechtmäßige Erbin anzuerkennen. Der König willigt ein - bei Verlust des Adelstitels für die Tochter natürlich. Als Knobelsdorff stirbt scheint Friedrich der Große das Zerwürfnis zu bedauern. In seinem Nachruf schreibt er: «Er liebte die Wahrheit und war überzeugt, dass sie niemand kränken könne, der gesellschaftliche Zwang war ihm lästig, und er ging allem aus dem Wege, was seine Freiheit beschränken konnte. (...) Bei dieser Denkweise Knobelsdorffs ist es erklärlich, dass er die letzten Jahre seines Lebens in großer Einsamkeit verbrachte.»