Archäologie Archäologie: Rettung vorm Weltuntergang im Jahr 2012
Paris/dpa. - Weltweit soll es lediglich 13 Kristallschädel geben, die sich im Besitz öffentlicher und privater Sammlungen befinden. Einer Legende zufolge soll die Wiedervereinigung aller Schädel die Welt retten vor dem für den 21. Dezember 2012 vorhergesagten Untergang - fast so wie in dem neuen Indiana Jones Film, der am Donnerstag in die Kinos kommt und am vergangenen Sonntagauf dem Filmfestival von Cannes mit viel Glamour vorgestellt wurde.
Das Museum für so genannte primitive Künste in Paris, das QuaiBranly, lüftet in seiner Schau manchen Schleier des Geheimnisses.Seit der Entdeckung im 19. Jahrhundert haben die Kristallschädel dieFantasie der Menschen beflügelt. Für die einen haben die Totenschädelkosmische Energiequellen, für die anderen magische Macht, die dasSchicksal der Menschheit vorhersagen. Seit geraumer Zeit jedoch istbekannt, dass einige von ihnen keine Artefakte der Azteken oder Mayassind, sondern spätere Nachbildungen, wie der Schädel im BritishMuseum in London oder der im Washingtoner Smithsonian Institute. Imvergangenen September haben Wissenschaftler des Forschungs- undRestaurationszentrums der französischen Museen nach eingehenderPrüfung festgestellt, dass auch der Pariser Kristallschädel nichtauthentisch ist.
Vor diesem Hintergrund stellt das Museum bis zum 7. Septemberseinen Schädel aus, der jedoch noch nicht alle seine Geheimnissepreisgegeben hat. Nach Erkenntnissen der Wissenschaftler wurde der2,5 Kilo schwere Schädel aus trübem Quarzkristall mit modernenWerkzeigen gefertigt, denn er weist regelmäßige Abrieb- undPolierspuren auf. Wann genau er jedoch hergestellt wurde, ließ sichnicht klären. «Der Schädel stammt nicht aus der präkolumbianischenZeit. Eine genaue Datierung ist noch nicht möglich», erklärt ThomasCalligaro, einer der Wissenschaftler.
«Wir stellen den Schädel aus, weil seine Geschichte einfachfantastisch ist», erzählt Yves Le Fur, Leiter der Sammlungen des QuaiBranly. Die ersten Schädel tauchten in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts auf. So stammt das Pariser Stück von Alphonse Pinart,einem französischen Ethnologen, der seine Sammlung verkaufte, um eineseiner letzten Expeditionen finanzieren zu können. Das ethnologischeMuseum am Trocadéro erwarb den mysteriösen Schädel im Jahr 1878, dasden Totenkopf in seinem Katalog als «bemerkenswertes Objektmexikanischer Archäologie» führte. Der Katalog des Museums fürNaturwissenschaft, in dessen Sammlung der Schädel später überging,wies ihn 1965 als Stück aus der «Zivilisation der Azteken,wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert» aus und schrieb ihm die Machtzu, vor bösen Geistern und giftigen Schlangen zu schützen.
Pinart hatte diesen Schädel dem Antiquitätenhändler Eugène Bobanabgekauft, einem zwielichtigen Archäologen, von dem auch das BritishMuseum seinen Kristallschädel hat. Boban arbeitete Ende des 19.Jahrhunderts am mexikanischen Hof und war Mitglied der französischenWissenschaftskommission in Mexiko. Im Jahr 1886 erwarb dasJuweliergeschäft Tiffany & Co für 950 Dollar den Totenschädel, den es1897 an das Londoner Museum weiterverkaufte.
Bei dem Schädel handelt es sich um ein kunsthandwerklich extremaufwendiges Objekt. Ein Rätsel bereiten der Schliff und die Politur.Beides ist nach Meinung von Experten so artifiziell, dass 300 JahreHandarbeit dafür notwendig gewesen wären ohne die heute zur Verfügungstehenden modernen Gerätschaftenn. So lange die Wissenschaft jedochnicht das Alter von Quarzmaterial bestimmen kann, bleibt dasMysterium der Kristallschädel erhalten.