Archäologie Archäologie: Perperikon war im Mittelalter besiedelt
Kardschali/Sofia/dpa. - Auch dass der 470 Meter hohe Felsberg unweit der Stadt Kardschali schon in prähistorischen Zeiten besiedelt war, hatten die Archäologen nachgewiesen. In diesem Sommer brachte die jüngste Grabungskampagne jedoch eine neue Sensation zu Tage. Die Experten entdeckten im westlichen Teil des Bezirks eine mittelalterliche Festung.
«Auch die Bulgaren haben ein mittelalterliches Schloss», jubelt der renommierte Archäologe Nikolaj Owtscharow über die diesjährige Sensation seiner Ausgrabungen. Sein Team brachte sechs Wehrtürme einer mittelalterlichen Zitadelle ans Licht. Der größte von ihnen ist 14 Meter hoch. Owtscharow vermutet, dass es noch zwei weitere gibt. Byzanz und Bulgarien führten drei Kriege um Perperikon, da es westlich des Felsbergs Goldvorkommen gab, erläutert Owtscharow.
In mehrjährigen Ausgrabungen hatte sein Team die Geschichte Perperikons bis in die Kupfersteinzeit rekonstruiert. Damals legten die Menschen ihre Gaben für die Götter direkt auf die Steine, erzählt der in Bulgarien «Indiana Jones» genannte Professor. In der späten Bronzezeit und zu Beginn der Eisenzeit meißelten die Bewohner ihre Wohnräume in den Felsen. Ein 100 Meter langer Treppengang führt durch den Fels steil nach oben direkt zum Tempel der Thraker. Ihre Stämme besiedelten in der Antike ein weites Gebiet, das Teile des heutigen Bulgariens, Griechenlands und der Türkei umfasst.
An manchen Stellen wurde der natürliche Fels mit Steinen oder Holz ausgebaut. So entstanden viele unterschiedlich große Räumlichkeiten. In den ersten Jahrhunderten nach Christus entwickelte sich der Felsberg zu einer Siedlung mit eigener Infrastruktur samt Wasserspeicher. Die Felsenstadt habe damals mitsamt den Vororten rund 10 000 Menschen Platz geboten, meint der renommierte Historiker Boschidar Dimitrow. Er leitet das Nationale Museum für Geschichte bei Sofia.
Für die Archäologen ist der geschichtsträchtige Ort eine Fundgrube. Zu den interessantesten Entdeckungen des Sommers gehören vier mit Kreuzen verzierte Ringe. Sie wurden von den Herrschern von Perperikon vom Ende des 12. bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts getragen. Unweit des Felsberges fand Owtscharow auch einen Stempel des byzantinischen Kaisers Andronikos II. Palaiologos sowie vier jeweils 3000 Jahre alte Figuren heidnischer Götter. «Die Archäologen werden auf Perperikon noch 200, sogar noch 300 Jahre arbeiten», schwärmt Owtscharow.
Sein Team verfügt für dieses Jahr über bescheidene 200 000 Lewa (rund 100 000 Euro) aus der bulgarischen Staatskasse, die nur für Ausgrabungen bis Mitte September reichen. Aus einem EU-Programm soll mit 1,5 Millionen Euro ein Projekt zum Ausbau der Infrastruktur finanziert werden, damit die antike Sehenswürdigkeit für Touristen leichter zugänglich gemacht wird. Doch die Gelder aus Brüssel wurden wegen der Korruption in dem Balkanland gestoppt.