Animationsfilm "Angry Birds" Animationsfilm "Angry Birds": Stromberg-Darsteller Christoph Maria Herbst im Interview

Halle (Saale) - Der beliebte deutsche Schauspieler Christoph Maria Herbst („Stromberg“) steht auch regelmäßig in der Sprecherkabine, um Hörbücher einzulesen („Er ist wieder da“) oder Animationsfilme zu synchronisieren („Horton hört ein Hu!“). In der Verfilmung des populären Videospiels „Angry Birds“, die am Donnerstag in die Kinos kommt, leiht der 50-Jährige nun dem Helden der beliebten „Schweine-gegen-Vögel“-Geschichte seine charakteristische Stimme, dem zornigen Federvieh Red. André Wesche sprach mit Herbst über seinen Respekt vor Tieren, seine Arbeit im Synchronstudio, Stromberg und warum es für Herbst vorerst keine nächsten Projekte geben wird.
Herr Herbst, sind Sie gut zu Vögeln?
Herbst: Oioioi! Moment, ich komme am besten noch mal rein. Meine Damen und Herren, es sin(g/k)t für Sie: das Niveau! Bin ich gut zu Vögeln? Ehrlicherweise ja. Ich bin ja Veganer. Deshalb kommen Eier und Hähnchen bei mir nicht auf den Tisch. Ich glaube, da freut sich jeder Vogel. Das wird im Film ja tatsächlich auch thematisiert. Ich erinnere mich an eine wunderbare Situation, in der es heißt, dass die Schweine die Eier essen. Und dann sieht man im Hintergrund eine Vogelfrau, der es bei dem Gedanken hochkommt, dass man ihr ungeborenes Küken aufschlägt und in einer Pfanne brutzeln lässt. Und wenn man sich das mal als Mensch überlegt, ist es schon ziemlich eklig, ein nicht befruchtetes Küken als Ei Benedikt zu konsumieren.
Betrachtet man die Massentierhaltung, sind die Schweine in der Realität ebenso arm dran wie die Hühner. Eigentlich müssten die Menschen die Schurken der Geschichte sein.
Herbst: Das ist genau mein Thema und wir sind mittendrin. Absolut! Jede Mastanlage, die brennt, jede Mastanlage, die es nicht mehr gibt, ist eine gute. Es gibt diesen schönen Satz: „Wenn die Mauern der Schlachthöfe aus Glas wären, dann würde niemand mehr Fleisch essen.“
Warum ist ausgerechnet das Image der Schweine so schlecht, von George Orwells „Farm der Tiere“ über „Shaun das Schaf“ bis hin zu den „Angry Birds“?
Herbst: Das stimmt. Es ist eine seit Jahrhunderten dahinschleichende Ungerechtigkeit diesen Tieren gegenüber. Schweine sind auch nicht schmutzig, es gibt kaum ein saubereres Tier. Und kein sozialeres. Aber das wird in der kollektiven DNA natürlich nicht zugelassen, weil wir viel zu gerne Schweinefleisch essen. Wollten wir nicht eigentlich über einen lustigen Film sprechen? Wenn „Angry Birds“ solche Diskussionen in Gang setzt, dann kriege ich auf meine alten Tage noch einen missionarischen Eifer.
Zum Film: Gab es ein Casting oder wurden Sie sofort für diese Sprechrolle besetzt?
Herbst: Ich wurde nach München eingeflogen und es gab ein sogenanntes Voice-Casting. Da war ich wohl der Beste. Natürlich war ich neugierig und fragte, wer noch gecastet wurde. Die Antwort lautete: Keiner! Der große Bruder in den USA hat ein Veto-Recht und trifft die letzte Entscheidung. Sony Deutschland wollte aber unbedingt den Herrn Herbst. Deshalb hat man nur ein Band rübergeschickt. Ich bin heilfroh, dass ich den Red spreche.
Arbeiten Sie in der Sprecherkabine sehr physisch?
Herbst: Ja, und zwar so physisch, dass es oft heißt: „Christoph, das war sehr schön, aber wir haben Deinen Körper gehört.“ Nicht, weil ich in einem Alter bin, in dem inzwischen alles rauscht und knackt. Aber vielleicht haut man mit dem Ärmel gegen das Pult oder eine Kordel schlägt ans Mikro, weil man gerade einen Rittberger macht.
Wie sehr orientiert man sich beim Sprechen an der englischen Vorlage?
Herbst: Ganz ehrlich? Ich fand den amerikanischen Kollegen nicht so gut wie mich. (lacht) Ich kenne ihn nicht und möchte ihm nicht zu nahe treten. Es ist nur meine ohnmächtige Meinung. Aber es hat mich bestärkt, selbstbewusst vor dieses Mikro zu treten und mein eigenes Ding zu machen. Die Regisseurin war toll und hat mich zu eigenen Ideen ermutigt. Red sagt im Original etwa 15 Mal „Oh, Oh...“. Das kann ich nicht ertragen. Es sind Anglizismen, die schon bis in die Lautmalerei hineingehen und von unseren Kindern übernommen werden. Ich habe mich mit meinem deutschen Synchronangebot „Oha!“ durchgesetzt. Das hat viel mit Loriot zu tun. Einmal sage ich auch: „Ach!?“, an einer anderen Stelle: „Moooment mal!“. Das ist Loriot und in der deutschen Seele verankert.
Haben Sie eine Affinität zu Videospielen?
Herbst: Ja, total. Aber auch wenn es so klingt, als hätte mir Sony noch einen Zehner extra auf den Tisch gelegt, damit ich das sage, ausschließlich zu „Angry Birds“. Bjarne Mädel, der in „Stromberg“ den Ernie gespielt hat, saß oft in der Ecke und hat gedaddelt. Ich hörte immer nur Gegrunze und fieses Lachen. Ich wollte wissen, was das ist. Er sagte, dass er mit Vögeln, die nicht fliegen können, auf Schweine flitscht. Als er mir das zeigte, habe ich mich totgelacht, weil ich diese ganze Grundidee so abseitig fand. Ich habe es mir runtergeladen und bin heute der ungekrönte König dieses Spiels. Ich habe alle Level rauf und runter gespielt, immer drei Sterne.
Apropos „Stromberg“. Gibt es keine Chance auf eine Rückkehr?
Herbst: Alle meine Therapeuten freuen sich, dass es nicht weitergeht. Ich weiß, es gibt viele Leute, die darüber traurig sind. Aber für meine innere Hygiene ist es ganz gut, dass Stromberg jetzt Geschichte ist.
Welche Projekte stehen bei Ihnen demnächst ins Haus?
Herbst: Gar keine. Ich komme gerade ein bisschen zur Ruhe. Ich war die letzten Jahre sehr fleißig. Nun freuen sich nicht nur meine Kardiologen, dass ich nach einem drohenden Burn Out nun vielleicht auch mal ein „Bore Out“ kennenlerne. Wobei ich mich nicht so schnell langweile. Ich trete kürzer, mache weniger. Meine Oma hat gesagt: „Willst Du gelten, mach’ Dich selten“. Ich habe immer ein bisschen Angst davor, zu inflationieren. Ich neige zur fröhlichen Deflation. (mz)