Adressbücher Adressbücher: «Nutzer sollten vorsichtiger sein»
Berlin/MZ. - .
Herr Weichert, über iPhone-Apps werden ungefragt die kompletten Adressbücher auf die Firmenserver hochgeladen. Ist das in Ordnung?
Weichert: Nein, die Kritik daran ist absolut berechtigt. Es ist okay, dass Apple künftig die Einwilligung der Betroffenen verlangt, wenn diese Adressbücher ausgelesen werden sollen. Aber dass das technisch überhaupt möglich ist, ist für sich genommen schon ein Skandal und ein ganz klarer Datenschutzverstoß. Auf die eigenen Richtlinien zu verweisen, ist völlig unzureichend.
Auch bei Twitter muss man damit rechnen, dass Adressbücher ausgelesen werden.
Weichert: Das ist natürlich genau so wenig akzeptabel. Das verstößt eindeutig gegen das Telemediengesetz. Nach deutschem und europäischem Recht geht das gar nicht. Hier müssen die Anbieter handeln.
Und was empfehlen Sie den Nutzern?
Weichert: Die sind der Geschichte ja machtlos ausgeliefert, wenn Sie solche Funktionen wie „Freunde finden“ nutzen wollen. Sie sollten dennoch vorsichtiger und zurückhaltender sein. Ich persönlich würde mein Adressbuch niemanden auslesen lassen.
Die großen Online-Unternehmen treten sehr breitbeinig auf und machen, was geht.
Weichert: Absolut richtig. Es wird immer nur dann nachgegeben, wenn es dringend notwendig ist, um in der Öffentlichkeit nicht das Gesicht zu verlieren. Aber alles, was das Geschäft beeinträchtigen könnte, wird definitiv nicht unterbunden – auch wenn es im Interesse der Nutzer und des Datenschutzes wäre. Jeder Anbieter versucht, so viele Daten zu sammeln wie möglich.
Kann man Giganten wie Apple staatlicherseits überhaupt noch beikommen?
Weichert: Natürlich müssen die Aufsichtsbehörden versuchen, dem beizukommen. Aber die faktische Macht von Apple, Facebook, Google und anderen ist derart groß, dass auf die Einhaltung von Gesetzen vielfach verzichtet wird.
Bisher stand stets der Staat im Verdacht, Daten widerrechtlich zu sammeln. Muss man in diesem Diskurs nicht vollkommen umdenken?
Weichert: Die Debatte ist schon lange geöffnet. Wir diskutieren heute nur noch zu einem geringeren Teil über den staatlichen Datenschutzes, insbesondere im Bereich der Polizei und der Sicherheitsbehörden. Der größere Teil gilt Apple oder Facebook. Das ist auch absolut notwendig, weil der Schwerpunkt sich verlagert hat. Die Gefahr nimmt eher im privaten als im öffentlichen Bereich zu. Das ändert wiederum nichts daran, dass die Gefährlichkeit staatlicher Datensammlungen weiterhin besteht.
Hat der Staat gegen die Online-Riesen denn überhaupt eine Handhabe?
Weichert: Ja, wenn der Anbieter in Deutschland sitzt. Wenn er in Europa sitzt, haben wir schon ein Problem. Wenn der Anbieter in den USA sitzt, ist es ganz, ganz schwierig. Das soll sich allerdings mit der europäischen Datenschutzverordnung ändern. Apple hat einen Sitz in Bayern. Es wäre den bayerischen Aufsichtsbehörden schon möglich, den notwendigen Druck auszuüben.