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51 Grad aus Halle 51 Grad aus Halle: Sextett mit harten Bandagen

Von Steffen Könau 21.07.2014, 08:04
51 Grad aus Halle greifen mit einem neuen Album an.
51 Grad aus Halle greifen mit einem neuen Album an. 51 Grad Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Harte Riffgitarren, rotziger Gesang und schnelle Schlagzeugrhythmen - das war mal Saalepower, dokumentiert auf einer ganzen Reihe von heute sehr gesuchten Schallplatten. Die hallesche Band 51 Grad gab es noch gar nicht, als Müllstation, die Klabusterbären, Totalschaden, N.F.P. und Abraum damals rockten - dafür aber spielen die sechs Hallenser die Musik der Altvorderen auf ihrem vierten Album „Tagebucheinträge eines Clowns“ ebenso druckvoll wie beeindruckend nach.

Auf eine Kelle Punk kommt eine Prise Oi, auf drei Teile Tote Hosen ein sorgsam abgeschmecktes Löffelchen Böhse Onkelz. „Folgt uns oder macht den Weg frei“, heißt es am Anfang programmatisch und das soll wohl auch ein Hinweis darauf sein, dass das Sextett von der Saale seinen eigenen Weg gehen will, statt sich irgendwelcher Moden anzudienen. Alles hier drängt geradeaus, die Gitarren marschieren und Sänger Jens Brüsehaber röhrt mal ganz tief, mal lässt er die Stimme schmerzhaft über seine Reime kratzen.

Die musikalische Weiterentwicklung seit den Anfängen der Gruppe im Jahr 2006 ist auf den 13 neuen Songs unüberhörbar. Der Vorgänger „Alte Zeiten, neue Zeiten“ war noch geprägt vom Versuch, aus überschaubaren handwerklichen und studiotechnischen Möglichkeiten das Beste zu machen, das letzte Werk „Unser Weg“ zeigte dann ein leises Tasten nach musikalischen Formen jenseits der simplen Punk-Standards.

Söhne der letzten DDR-Generation Punk

Das Clownstagebuch nun sieht Sänger Jens Brüsehaber, Bassmann Micha, die Gitarristen Max und Linde und Schlagzeuger Marc im vierten gemeinsamen Anlauf richtig experimentierfreudig. Zu den klassischen Ohoohooo-Chören, ohne die keine Punkband auskommt, gesellt sich hier eine Akustik-Gitarre, unter Gitarrenriffs wie von Bad Religion schieben sich bewegliche Beats wie bei Dream Theater oder Godsmack. Die Punk-Nische ist zu klein, das hier passt da nicht mehr ganz hinein.

Damit heben sich die Söhne der letzten DDR-Generation Punk dann doch deutlich ab vom originell rumpelnden, aber ohne höheren technischen Anspruch gespielten Schaffen der Vorväter. Obwohl 51 Grad immer noch konsequent nahe am kompromisslosen Spiel der Klassiker bleiben, ist zwischendurch immer wieder zu hören, dass da mehr Ideen investiert wurden als in ein stumpfes He-Ho-Lets-Go.

Der grobe Klotz aus hartem Rock bekommt ein paar kleine, aber feine Verzierungen. Punk, der nicht nur Spaß macht, sondern auch zeigt, wie kreativ sich immer noch mit Vorlagen arbeiten lässt, die irgendwann in den 70er Jahren von den Ramones und den Sex Pistols, MC5 und den Stooges erfunden worden sind.

Neues Album ab Anfang August über: www.51-grad.de

51 Grad - Tagebucheinträge eines Clowns
51 Grad - Tagebucheinträge eines Clowns
CD-Cover Lizenz