1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. 16. Magdeburger Telemann-Festtage: 16. Magdeburger Telemann-Festtage: Elementar-Ereignis auch ohne Kanonen

16. Magdeburger Telemann-Festtage 16. Magdeburger Telemann-Festtage: Elementar-Ereignis auch ohne Kanonen

Von Sigrid Neef 18.03.2002, 14:18
Klassisches Konzert im Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen (Archivfoto: dpa)
Klassisches Konzert im Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen (Archivfoto: dpa) ZB

Magdeburg/MZ. - Georg Philipp Telemann hatte das Stück nachitalienischem Vorbild als Open-Air-Eventzur Feier der Geburt Leopolds von Österreich.Der kleine Habsburger sollte nicht nur diekaiserliche Ahnengalerie weiterführen, sondernwurde auch als Friedensgarant dringend erwartet.13Jahre spanischer Erbfolgekrieg waren nochallerorten zu spüren. Am Abend des 17. Mai1716 wurde "Deutschland grünt und blüht imFriede" als Höhepunkt des Festtages vor demFrankfurter Römer aufgeführt.

Mit dem Ensemble "Musica Antiqua Köln" unterLeitung von Reinhard Goebel stand in Magdeburgnun eine relativ kleine, aber edle Besetzungauf der Bühne. Die sechs Gesangssolisten übernahmenauch die Ensembleparts: Germania, die denFrieden im Land nicht nur begrüßt, sondernauch halten will, trifft auf Mars, der zuBeginn leicht säuerlich in die Runde tritt("Erst will sie Frieden und dann auch nochein Kind..."). Aber auch der Kriegsgott läßtsich erweichen und stimmt, da ihm vorerstnichts anderes übrig bleibt, in den Jubelein.

Raimund Nolte gibt seinem Mars kräftiges,wenngleich mitunter etwas opernschweres Feuer.Christine Wolff vereinigt als Germania stimmlichund in ihrer Ausstrahlung Zärtlichkeit undReife und erscheint dabei, hochmusikalischund topsicher in den Dauerkoloraturen, fürdiese Hauptpartie nahezu als eine Idealbesetzung.

Mit Germania im Bund ist Friedensgöttin Irene,gesungen von der jungen Céline Scheen. "DieStadt Frankfurt" wird von Albrecht Pöhl verkörpert,Britta Schwarz singt die Partie des Schicksals"Fatum". Max Ciolek überbringt als GötterboteMercurius mit tenoralem Hochglanz die froheBotschaft.

Mit nahezu lutherischer Vehemenz und Standfestigkeitführte der diesjährige TelemannpreisträgerReinhard Goebel Solisten und Orchester durchdas Stück. 1716 waren beim Open-Air-Spektakelim Finale zur Bläser-Intrada die Kanonen gezündetworden. Dass diese Rückendeckung dem Blechbei seinen hochvirtuosen Läufen diesmal mitunterfehlte, nahm niemand übel. Denn das Orchesterbot mit seiner Gestaltungskraft auch ohnesolche pyrotechnischen Effekte ein elementaresEreignis.