1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Züchtung: Züchtung: Algenproduktion wird zum zweiten Standbein für Bauern

Züchtung Züchtung: Algenproduktion wird zum zweiten Standbein für Bauern

Von Grit König 02.10.2006, 06:31
Der Geschäftsführer der Sauerkraut und Gemüseverarbeitungs-GmbH "Salata" Wolfram Winkel kontrolliert am Freitag (29.09.2006) im südthüringischen Ritschenhausen die Algenproduktion. (Foto: dpa)
Der Geschäftsführer der Sauerkraut und Gemüseverarbeitungs-GmbH "Salata" Wolfram Winkel kontrolliert am Freitag (29.09.2006) im südthüringischen Ritschenhausen die Algenproduktion. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Ritschenhausen/dpa. - In den Gewächshäusern dreht daher jetzt«Nannochloropsis oculata» in einem 25 Kilometer langen Rohrsystemihre Runden. Es ist eine mikroskopisch kleine Alge, die in denFlussmündungen der Ostsee vorkommt. In Ritschenhausen (KreisSchmalkalden-Meiningen) wird die Alge seit diesem Sommer alsGrundstoff für die Kosmetikindustrie gezüchtet.

«Der Bedarf wächst zweistellig», freut sich Winkel. Sechs TonnenAlgen sollen künftig pro Jahr die Firma verlassen. «Wir bauen unsdamit ein zweites Standbein auf.» Professor Otto Pulz vom Institutfür Getreideverarbeitung in Potsdam stuft die Anlage als zweitgrößtein Deutschland ein. Die private Forschungseinrichtung, die das Know-how für den Bioreaktor lieferte, übernimmt auch dieWeiterverarbeitung der Algenrohmasse.

«Die Alge wird von den Menschen noch viel zu wenig genutzt», sagtWinkel. Die Kugelalge aus den thüringischen Gewächshäusern wirdSonnencremes beigemischt, um das auf der Haut bei starkerSonneneinstrahlung entstehende Ozon zu neutralisieren. Auch inZahnpasta und Shampoo werden Algen beigemischt. Andere Algen wie dieChlorella werden wegen ihres hohen Anteils ungesättigter Fettsäurenund Vitaminen als Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Joghurt wirddurch Algen schön sämig.

Neben der Ostseealge gibt es ein weiteres Gewächshaus für die imSüßwasser lebende Spreewaldalge. In einem dritten Gewächshaus richtenHandwerker derzeit einen weiteren Photobio-Reaktor ein. Die dort zuzüchtenden Algen sollen in der Industrie eingesetzt werden. Thüringenförderte die «grüne Produktion» in Ritschenhausen mit mehr als 66 000Euro, das waren mehr als ein Fünftel der gesamten Investitionskosten.Das milde Rhönklima scheint den Einzellern gut zu bekommen: Sovermehren sich die Algen zehn Mal so schnell wie in ihrer natürlichenUmgebung.

In einem Milliliter Wasser leben etwa 80 Millionen Algen. Täglichuntersucht das firmeneigene Labor den Zustand der Algen. Den rund 40000 Litern Wasser werden Nährstoffe und Kohlendioxid zugegeben. Dervon den Algen produzierte Sauerstoff wird in die Luft abgegeben. Miteiner Zentrifuge wird täglich «geerntet».

Forscher gehen davon aus, dass es etwa 400 000 Arten von Algen aufder Erde gibt. Rund 40 000 verschiedene Arten sind derzeit bekannt.Sie leben in Wüsten, aber auch auf Gletschern. Viele der Einzellersind mit dem Auge nicht erkennbar, andere wiederum existieren alsmeterlanger Großtang. Jedes Jahr wachsen auf der Erde mehr als sechsMilliarden Tonnen Algen heran.