Wirtschaftskriminalität Wirtschaftskriminalität: Kinowelt-Gründer muss sich wegen Untreue verantworten

München/dpa. - Die Liste der Vorwürfe gegen Kölmel ist lang: 343 Seiten umfasstdie Anklageschrift, das Verfahren füllt mehr als 100 Aktenordner. Sosoll die zwischenzeitlich Pleite gegangene Kinowelt der mehrheitlichvon Kölmel beherrschten SportweltBeteiligungsgesellschaft illegalGeld zugeschanzt haben. Allein 15 Fälle der Untreue werden Kölmelvorgeworfen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft beträgt derSchaden rund 22,8 Millionen Euro. Bei Gericht stellt man sich aufeinen langen Prozess ein. Bis Ende Juli wurden 24 Verhandlungstermineangesetzt.
Kölmel selbst hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. «Diegegen mich erhobenen Vorwürfe der Untreue und Insolvenzverschleppungsind durchweg unbegründet», sagte er Ende Oktober 2001 nach seinerEntlassung aus mehrtägiger Untersuchungshaft. Vor Prozessbeginn hältsich der Medienunternehmer bedeckt und will sich nicht zu denVorwürfen äußern. Sein Umfeld geht aber davon aus, dass Kölmelzuversichtlich in das Verfahren geht. «Herr Kölmel ist keinKrimineller», sagt ein Vertrauter. Verteidigt wird der ehemaligeBörsenstar von der Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner, die auchden einstigen Medienmogul Leo Kirch in seinem Schadenersatzprozessgegen die Deutsche Bank vertreten hatte.
Schon während seines Studiums der Mathematik und Volkswirtschafthatte Kölmel ein Faible fürs Filmgeschäft. Den Grundstein legte er1984 mit der Gründung des Kinowelt-Filmverleihs. 1997 brachte es dasUnternehmen bereits auf einen Umsatz von rund 55 Millionen Euro. EinJahr später wagte Kölmel den Gang aufs Börsenparkett, dereinschließlich zweier Kapitalerhöhungen rund 300 Millionen Euro indie Kassen des Unternehmens spülte. Das Geld nutzte Kölmel für einemassive Expansion, bei der er sich sogar in eine Reihe vonFußballvereinen einkaufte.
Schließlich verhob sich der Manager im Poker um ein Filmpaket desUS-Konzerns Time Warner. Er überbot die Schwergewichte der Branche,Bertelsmann und Kirch. Doch anschließend ließen ihn RTL und dieKirch-Sender auf seinen Rechten sitzen und kauften keine Kinowelt-Filme mehr ab. Mitte 2001 hatte das Unternehmen kurzfristige Schuldenvon fast 600 Millionen Euro. Im Dezember des gleichen Jahresbeantragte Kinowelt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Als Kölmels Pläne bekannt wurden, das Kerngeschäft gemeinsam mitseinem Bruder zurückzukaufen, stieß er bei den Beschäftigten aufwenig Gegenliebe. Dennoch bekamen die Brüder den Zuschlag. Nach einermonatelangen Hängepartie um die Finanzierung stand Anfang vergangenenJahres schließlich die Übernahme.
Im Falle einer Verurteilung müsse Kölmel unter Umständen mit einermehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen, sagt ein Sprecher derStaatsanwaltschaft. Das Verfahren hat inzwischen auch weitere Kreisegezogen. Erst vor einigen Wochen war der Geschäftsführer derBeratungsfirma BVT, Stephan Brendel, verhaftet worden. Er sitzt nachwie vor in Untersuchungshaft. Laut Verträgen sollte die Firma mitHauptsitz in Erfurt für die Kinowelt Medien AG Beratungsleistungenerbringen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wurde einer derVerträge nur abgeschlossen, um der BVT Geld überweisen zu können.Auch gegen Kölmels Bruder Rainer laufen Ermittlungen, die aber wiedie Vorwürfe gegen Brendel in einem getrennten Verfahren behandeltwerden sollen.