Wirtschaftskriminalität Wirtschaftskriminalität: Das CD-Werk von Reiner Pilz und die Folgen
Erfurt/dpa. - Dezember 1989: Reiner Pilz vereinbart mit dem DDR-Kombinat Robotron eine Zusammenarbeit zum Bau eines CD-Werks in Thüringen. Das am 20. Februar 1990 unterschriebene Abkommen gilt als erstes deutsch- deutsches Joint Venture nach der Wende.
25. November 1992: Pilz übernimmt nach dem Zusammenbruch von Robotron das Vorhaben allein.
Mai 1993: Das nach Unternehmensangaben 286 Millionen D-Mark (146 Mio Euro) teure Werk mit 300 Mitarbeitern geht offiziell in Betrieb.
Juli 1993: Absatzschwierigkeiten und Kurzarbeit in Suhl-Albrechts.
7. März 1994: Die Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft übernimmt das Werk.
Dezember 1994: Das Thüringer Wirtschaftsministerium stellt Strafanzeige wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug.
Juli 1995: Die Pilz-Gruppe (Kranzberg) stellt Konkursantrag.
September 1995: Pilz kommt in Untersuchungshaft.
Juli 1998: Das Landgericht Landshut verurteilt Pilz zu sechs Jahren Haft wegen Betrugs und Anstiftung zur Untreue.
24. März 2000: Vor dem Landgericht Mühlhausen beginnt der Prozess wegen Verdachts auf Subventionsbetrug.
15. Juni 2000: Das Landgericht durchsucht das Wirtschaftsministerium, das über die Aktion bereits informiert ist, nach eventuell relevanten Akten. BKA-Beamte stellen in der Staatskanzlei 15 Ordner fest, in denen sie Unterlagen zum CD-Werk vermuten. Richter und Staatsanwälte brechen nach einem Anruf des Oberlandesgerichts-Präsidenten die Aktion ab, ohne Akten mitzunehmen.
Juni 2000: Die EU-Kommission verlangt die Rückforderung von 215 Millionen Euro Staatshilfen für das Werk, die zu Unrecht gewährt worden seien. Thüringen klagt beim Europäischen Gerichtshof dagegen.
8. September 2000: Justizminister Andreas Birkmann (CDU) weist den Vorwurf der Justizbehinderung zurück. Die Staatsanwaltschaft leitet Untreue-Ermittlungen gegen Verantwortliche des Landes für Wirtschaftsförderung ein.
12. September 2000: Die Staatskanzlei verweigert dem Gericht die Herausgabe von 15 Aktenordnern. Birkmann räumt ein, im Zusammenhang mit der Durchsuchung mit anderen Stellen gesprochen zu haben. So habe er Wirtschaftsminister Franz Schuster (CDU) angerufen und gebeten, Akten freiwillig herauszugeben.
21. September 2000: Staatsanwälte prüfen ein Ermittlungsverfahren gegen Birkmann wegen Verdachts auf Verletzung von Dienstgeheimnissen. Die Vorermittlungen werden wieder eingestellt.
27. September 2000: Die Staatskanzlei wird durchsucht. Das Landgericht nimmt die umstrittenen Akten mit. Die Staatskanzlei verhängt später für große Teile so genannte Sperrerklärungen.
11. Oktober 2000: Die SPD-Landtagsfraktion fordert in einer Sondersitzung des Landtags den Rücktritt Birkmanns. Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) verteidigt das Vorgehen der Landesregierung.
24. Oktober 2001: Das Verwaltungsgericht Weimar weist die Akten- Sperrung durch die Staatskanzlei als unbegründet zurück. Das Land geht in Berufung.
Juli 2002: Pilz wird nach vier Jahren Haft vorzeitig entlassen.
21. Januar 2004: Das Oberverwaltungsgericht verwirft die Aktensperrung durch das Land als rechtswidrig. Nach einer Beschwerde des Landes wird das Verfahren voraussichtlich im Mai an das Bundesverwaltungsgericht gehen.
30. März 2004: Der Justizausschuss des Landtages befasst sich mit einem Vermerk des Richters zu möglicher politischer Einflussnahme in dem inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche für die Wirtschaftsförderung.
19. April 2004: Pilz wird zu sieben Jahren Gesamtstrafe verurteilt.